Beitrag von unserer Bloggerin Petra Nemec
Nachgefragt bei unverpackt – dem Selbstbedienungsladen
Die Idee des Einkaufens ohne Verpackungsmaterial zu verursachen gibt es schon länger. Ein gutes Beispiel ist "unverpackt" aus Wieselburg. Wir haben bei den Gründern vorbeigeschaut.
Plastikfrei und regional Einkaufen ist seit Anfang 2020 in Wieselburg möglich. Im „unverpackt“-Laden ist durch ein Selbstbedienungskonzept erschwingliches und nachhaltiges Einkaufen 365 Tage im Jahr möglich. Unnötigem Verpackungsabfall und Lebensmittelverschwendung wird so entgegengewirkt.
Karin und Christoph Distelberger haben mit dem Laden ihre Vision eines nachhaltigen Lebens in die Tat umgesetzt. Für das Geschäft wurden bestehende Räume genutzt. Er ist in der Backstube eines ehemaligen Gasthauses untergebracht. Es werden über 1500 ausgesuchter regionaler und überregionalen Produzentinnen und Produzenten angeboten. Die Palette reicht von Lebensmitteln über kosmetische Produkte bis zu Artikeln des täglichen Bedarfs, überwiegend in BIO-Qualität und vegetarisch oder vegan.
Im Jahr 2024 wurden sie mit 2 Preisen ausgezeichnet – dem Abfallwirtschaftspreis „Skarabäus“ und als Nachhaltige Gestalter*innen Österreichs.
Wir haben bei Karin und Christoph Distelberger nachgefragt:
Was war der Anstoß, einen eigenen Laden zu gründen und euch mit dem „unverpackt“-Selbstbedienungskonzept selbstständig zu machen?
Unsere Kinder und die Notwendigkeit etwas zu unternehmen.
Wie funktioniert das Einkaufen in eurem Laden?
Am besten nimmt man seine eigenen Behältnisse von zu Hause mit. Für Spontaneinkäufe stehen passende Behältnisse vor Ort bereit. So funktioniert der Einkauf: Zuerst wiegt man das leere Gefäß ab, damit das Gewicht später abgezogen werden kann. Danach füllt man das gewünschte Produkt in der Menge seiner Wahl in den Behälter. Anschließend stellt man das befüllte Gefäß auf die Waage, die ein Etikett ausdruckt. Beide Etiketten werden an der Kasse abgescannt. Bezahlen kann man entweder in bar oder mit Bankomatkarte. Einfach, praktisch und nachhaltig.
Ihr seid als Verein organisiert, den Verein „unverpackt Austria“. Wie hängt das mit dem „unverpackt“ Laden zusammen und wer ist hier Mitglied?
Wir haben zusätzlich zu unserem Gewerbe und dem Geschäft einen Verein gegründet. Dieser ist gedacht, Selbstvermarkter und Geschäfte zu vereinen und gemeinsam aufzutreten und den Kunden zu zeigen, auch bei den Selbstvermarkter kann man unverpackt einkaufen, indem man seine eigenen Behälter mitbringt.
Das „unverpackt“-Selbstbedienungskonzept läuft im Franchise-System. Wie genau funktioniert das? In welchen Orten bzw. Regionen ist „unverpackt“ schon überall zu finden?
Unser „unverpackt“-Selbstbedienungskonzept basiert auf einem Partnerschaftsmodell, das ähnlich wie ein Franchise-System funktioniert – aber mit dem besonderen Fokus auf Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Nachhaltigkeit.
Interessierte Partnerbetriebe können sich bei uns melden. Wir unterstützen von Anfang an: bei der Standortsuche, der Planung und bis hin zur Eröffnung. Zudem vermieten wir unsere zertifizierten Lebensmittelspender und Kassensysteme.
Das Herzstück unseres Konzepts ist die Vermietung der Behälter sowie der Einkaufsgemeinschaft. Gemeinsam kaufen wir Produkte in großen Gebinden und verteilen diese an unsere Partner. Dadurch schaffen wir eine effiziente und nachhaltige Lieferkette.
Unser „unverpackt“-Konzept ist bereits an über 10 Standorten erfolgreich im Einsatz – von Kufstein über Scheibbs bis ins Marchfeld und Deutsch Haslau. Auch einige Unimarkt-Filialen setzen auf unser System.
Im Jahr 2024 habt ihr ein großes Projekt gestartet. Es geht um ein Mehrwegsystem mit wiederverwendbaren Metallbehältern. Könnt ihr es unseren Leserinnen und Lesern kurz beschreiben?
Trockenwaren werden direkt vom Produzenten (Kotanyi, Recheis, Nestelberger, Bio Bergkräuter…) mittels Mehrweg-Blechbehälter abgeholt und direkt an die Großküchen, Kantinen usw. zugestellt.
So schaffen wir mehrstellige Tonnen an Plastikeinsparungen. Nachdem die Produkte verbraucht sind, werden sie einfach gegen frische Produkte ausgetauscht.
Und die Reinigung der Mehrwegbehälter erfolgt bei uns mittels Sonnenstrom.
Für die Betriebe gibt es keine Anschaffungs- und Mehrkosten, die Behälter bekommen die Betreiber als Pfandgebinde und die Produkte zum gleichen Großhändler-Einkaufspreis. Nachhaltig und wirtschaftlich.
Für dieses Projekt wurdet ihr mit gleich zwei Preisen ausgezeichnet. Was bedeuten diese Auszeichnungen für euch?
Die Auszeichnungen mit dem „Skarabäus Award“ und dem Titel Nachhaltige Gestalter*innen Österreichs bedeuten uns unglaublich viel. Sie sind eine wunderbare Anerkennung unserer Arbeit und zeigen, dass unser Einsatz für Nachhaltigkeit und Müllvermeidung nicht nur bei unseren Kundinnen und Kunden geschätzt wird, sondern auch überregional Beachtung findet. Besonders freuen wir uns auch über das direkte Feedback unserer Kunden, die uns Fotos und Berichte schicken und erzählen, dass ihre Mülltonne nur noch halb voll ist. Solche Rückmeldungen und diese Auszeichnungen sind für uns eine große Motivation, unseren Weg weiterzugehen und noch mehr Menschen für nachhaltige Lösungen zu begeistern. Sie sind für uns Belohnung und Ansporn zugleich!
Kurz nachgefragt:
- Was befindet sich immer in eurem Kühlschrank?
Vorzugsweise viel Gemüse, wir achten auf eine sehr ausgewogene Ernährung – Wir wollen unseren Kindern ein gutes Vorbild sein. - Wenn ihr drei Wünsche frei hättet:
Wir würden uns eine strengere Regulierung von Einwegverpackungen wünschen, um die Menge an Plastikmüll zu reduzieren und nachhaltige Alternativen voranzutreiben. Außerdem hoffen wir, dass die Themen Plastikmüll und Mikroplastik von der Regierung noch stärker in Angriff genommen werden, um Umwelt und Gesundheit besser zu schützen. Unser dritter Wunsch wäre, dass sich die Menschen bewusster und gesünder ernähren und Lebensmittel wieder einen größeren Stellenwert in ihrem Leben einnehmen. - Wenn ihr in der Zeit zurückreisen könntet, welchen Rat würdet ihr eurem jüngeren Ich geben?
Viel früher das Thema angehen und die Illusion zu verwerfen, dass jemand kommt und etwas gegen Plastik und Mikroplastik macht und Aktionen setzt. - Mit welcher Persönlichkeit würdet ihr gerne einmal plaudern?
Arnold Schwarzenegger/ Schwarzenegger Climate Initiative - Darüber kann ich richtig lachen:
wenn unsere Kinder ihre „Kasperl“ Momente haben - Das neue Jahr hat gerade begonnen. Gibt es Neujahrsvorsätze für 2025?
Die österreichischen Küchen müllfreier machen - Nachhaltigkeit bedeutet für mich…
Nicht nur Reden sondern ins Tun kommen. Jedes Stück Plastik, das nicht produziert wird und dadurch nicht hunderte Jahre auf seine Zersetzung warten muss, ist ein Gewinn – für uns, für kommende Generationen und für die Umwelt.
Aktualisiert am 13.01.2025