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Jetzt anmeldenStoffe mit Pflanzen färben
Indigo, Krapp oder Färberkamille liefern seit der Antike Farbe für Wolle und andere Stoffe. Der Blaudruck gehört zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit. Färben mit Pflanzenfarben erfreut sich steigender Beliebtheit.
Pflanzen dienen schon seit der Antike zum Färben von Stoffen. Die Farbstoffe, die das möglich machen, sind verschiedene organische Moleküle (Flavonoide, Anthocyane, Chinone, …). Sie lösen sich im Gegensatz zu Pigmenten in Wasser oder Öl. In der Textilindustrie spielen sie heute keine Rolle mehr. Synthetische Farbstoffe sind technisch leichter, günstiger und für das Farbergebnis einheitlicher einsetzbar. Aus Nachhaltigkeitsaspekten gibt es allerdings Versuche, bestimmte Pflanzenfarben wieder für betriebliche Färbeverfahren einsetzbar zu machen (Fabrik der Zukunft, ÖTI).
Die wichtigsten Färberpflanzen und die daraus resultierende Farben
Krapp (Rubia tinctorum, lateinisch für „Röte der Färber“) ist eine der ältesten Färberpflanzen überhaupt. Sie liefert einen warmen roten Farbton. Dazu wurde die zerkleinerte Wurzel verwendet. Ursprünglich aus dem Orient, brachten Mönche die Pflanze im Mittelalter nach Europa. Die wichtigsten Anbaugebiete lagen im niederländischen Zeeland, am Oberrhein, in Spanien und Ungarn. Der Elsässer Krapp war berühmt und trug mit zum Reichtum der Stadt Straßburg bei.
Die traditionelle Färberpflanze für Blau ist Färberwaid (Isatis tinctoria) auch Pastel oder Deutsche Indigo genannt. Aus den Blättern dieses Kreuzblütengewächses wurde Indigo(blau) gewonnen. Die Pflanze stammt ursprünglich aus Westasien, wird aber bereits Jahrhunderte in Europa als Färberpflanze kultiviert. Der Stoff färbt sich zunächst gelblich braun und wird erst durch das Zusammenspiel von Sonnenlicht und Sauerstoff zum bekannten Blau.
Blautöne werden auch aus Beeren gewonnen. Dazu werden die Früchte des schwarzen Holunders, Heidelbeeren oder Johannisbeeren verwendet.
Die Färberkamille färbt Stoff tiefgelb. Dazu werden frische oder getrocknete Blüten verwendet. Auch der Färberginster wird bereits seit der Antike für gelbe Farbtöne genutzt. Auch Blüten und frische Blätter des Löwenzahns eigenen sich zum Gelbfärben.
Für Grün- und Brauntöne kommen traditionell Brennesseln zum Einsatz. Die meisten Farbstoffe sind hier in den frischen Blättern enthalten. Die grünen Schalen der Walnuss ergeben ein dunkles Braun. Kastanien und Eichenrinde liefern noch dunklere, fast schwarze Farbtöne.
Vor- und Nachbehandlung des Stoffes ist nötig
Beim Färben mit Pflanzenfarben ist eine Vorbehandlung – Beize – des Stoffes nötig, damit die Fasern die neue Farbe aufnehmen können. Die Beize setzt sich an die Faser und daran haften später die Farbstoffe.
Es gibt Beizen auf Basis von Metallsalzen (Chrom(III)-, Eisen(III)- oder Aluminiumsalzen), von denen einige allerdings ökologisch bedenklich sind. Am häufigsten wird Alaun (ein Salz aus Kalium und Aluminium) verwendet. Auch Weinstein oder sogar Sojamilch kommen zum Einsatz.
Zum Ansetzen der Beize eigenen sich Emaille- oder Edelstahlgefäße. Behälter aus anderen Materialien können einen verändernden Einfluss auf den späteren Farbton haben. Nach dem Färben muss der Farbstoff auf der Faser fixiert werden. Das passiert meist in einem Essigbad.
Färben mit Pflanzen immer noch beliebt
Im privaten Bereich erfreut sich das Färben mit Pflanzenfarben wieder steigender Beliebtheit. Viele verschiedene Pflanzen werden dazu immer noch genutzt.
Hier einige Beispiele:
- Brennessel: zartes Grün, Graugrün
- Schafgarbe: Grün, Oliv
- Rainfarn: Grün, Gelbgrün, helles Gelb
- Goldrute: Gelbgrün, Oliv
- Kurkumapulver: Maisgelb
- Brombeeren (überreif, nicht mehr zum Essen geeignet): Hellrosa
- grüne, unreife Walnüsse (vom Sturm vorzeitig vom Baum geholt) und Walnussblätter: Dunkelbraun, Mittelbraun
- Hibiskusblüten: Hellgelb/Apricot
- Eicheln: Hellbraun, Braun
Auch Reste oder Abfallprodukte aus der Küche kommen beim Färben zum Einsatz:
- Kaffeesud: Beige
- die Schalen bzw. Kerne von Avocados (gut gereinigte): Altrosa, Rosa, Lachs, Braunrosa
- das Kochwasser von schwarzen Bohnen: Graulila
Färben mit Pflanzenfarben
Das sind die wichtigsten Schritte:
- Den Stoff bzw. das Kleidungsstück bei 40° waschen, um ihn von Chemikalienrückständen zu befreien.
- Das Beizmittel in einem großen Topf mischen. Bewährt hat sich die Mischung aus 1 Liter Wasser und 250ml Essig.
- Stoff bzw. Kleidungsstück ein bis zwei Stunden in der Beize einweichen, danach gründlich spülen.
- Je nach Stoffmenge mehrere Liter Wasser erhitzen bis es leicht köchelt, aber nicht kocht.
- Die Färbezutaten mit dem Stoff ins Färbebad legen. Ab und zu umrühren. Je mehr der Pflanzen Sie verwenden und je länger der Stoff im Färbebad bleibt, desto intensiver wird die Farbe. Das Ergebnis hängt auch vom Stoff ab.
- Öfter kontrollieren und so lange einweichen, bis Sie mit dem Ergebnis zufrieden sind.
- Sobald er die gewünschte Farbe erreicht hat, aus dem Färbebad nehmen.
- Gründlich mit kaltem, klarem Wasser ausspülen.
- Trocknen lassen und anschließend mit Essig fixieren.
Wer selber mit Pflanzen färben möchte, benötigt dazu neben den richtigen Zutaten auch etwas Übung und Geschick. Es ermöglicht allerdings kreatives Gestalten und erlaubt Experimente mit Farbtönen- und Intensitäten.
Blaudruck als Handwerkskunst erhalten
In Europa haben sich wenige Handwerksbetriebe erhalten, die diese alte Färbetechnik weiter betreiben. Zwei davon befinden sich in Österreich – im Mühlviertel und im Burgenland. Dabei werden Muster mittels einer Schutzmasse (Papp) auf Modeln am Stoff „reserviert“ d.h. ausgespart (daher auch der Ausdruck Reservedruck) und mit Indigo gefärbt. Die genaue Rezeptur wird von keinem Blaudrucker verraten und von Generation zu Generation weitergegeben. Der Blaudruck findet sich auch auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.
Aktualisiert am 07.06.2024