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Interview mit Mag.a Beatrix Hausner, ÖGUT

Beitrag von unserer Bloggerin Daniela Capano

Mag.a Beatrix Hausner ist Politologin, Publizistin und leitet bei der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) Projekte zu den Themen Gender und Diversität.

Portrait von Mag.a Beatrix Hausner, ÖGUT
Interview mit Mag.a Beatrix Hausner, ÖGUT

Mag.a Beatrix Hausner ist Politologin, Publizistin und leitet bei der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) Projekte zu den Themen Gender und Diversität. Sie beschäftigt sich vor allem mit den Themen Frauen in Forschung und Technologie, Verankerung von Chancengleichheit und von Gender-Aspekten, damit Frauen gleiche Rahmenbedingungen und Erfolgschancen wie Männer im beruflichen Umfeld vorfinden.

Die ÖGUT ist eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die sich seit mehr als 30 Jahren für eine nachhaltige Ausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft einsetzt. Als Plattform vernetzt die ÖGUT mehr als 100 Organisationen und Institutionen aus Wirtschaft, Verwaltung und Umwelt mit dem Ziel, gemeinsam innovative Lösungen für die Herausforderungen der Gegenwart zu entwickeln und umzusetzen.

Frau Hausner, Sie beschäftigen sich schon seit fast 20 Jahren mit Gender-Mainstreaming, also mit der Strategie zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.

Auf welchem Stand stehen wir Ihrer Meinung nach? Was wurde schon umgesetzt und was steht noch an?

Ich beschäftige mich schon seit 1999 mit den Themen Gender und Technologie, vorher bei der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) mit dem Genderfokus in der IT-Branche, dann mit FEMtech und mit dem Gender Career Management bei der ÖGUT.

Studien zeigen, dass in Österreich der Frauenanteil in der Geschäftsführung unter 10% liegt. Das ist sehr gering. Aber wir befinden uns gerade im Wandel. Dass jetzt immer mehr junge Männer ihre Kinder betreuen und in Karenz gehen möchten oder auch den Papa-Monat in Anspruch nehmen zeigt eine gesellschaftliche Entwicklung, die unterstützend beitragen wird, dass Frauen und Männer mehr Chancengleichheit vorfinden.

Derzeit wird ja noch der Hauptteil der unbezahlten Arbeit von Frauen erledigt, dazu gehören auch die Hausarbeit, die Pflege Älterer etc.

Es braucht mehr Beispiele die zeigen, dass Menschen mit Betreuungspflichten auch Führungspositionen übernehmen können. Jobsharing in Führungspositionen wird ein großes Thema werden, das bedeutet, dass sich die Geschäftsführung die Aufgaben teilt. So wird es für Frauen mit Betreuungspflichten einfacher, eine Führungsposition zu übernehmen und gestalterisch tätig zu sein. Gleichzeitig entlastet das die Personen in Führungspositionen, da sie sich gegenseitig vertreten können. Und es braucht natürlich auch Förderungen als Anreize dazu, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Genderthemen liefern häufig Diskussionsstoff, denken wir nur an das Binnen-I. Sie gelten als eine der Gender-Expertinnen in Österreich. Was genau macht eine Gender-Expertin und welches Ziel haben Sie sich dabei persönlich gesetzt?

Meine Aufgabe ist es, die sozialen Rollen von Frauen und Männern sichtbar zu machen und neue Wege und Beispiele aufzuzeigen, um die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern zu verbessern. Als persönliches Ziel habe ich mir gesetzt, einen Beitrag zur Gleichstellung zu leisten.

Es geht dabei schließlich um unsere Lebensqualität und die Möglichkeit, an partizipativen Prozessen teilzunehmen. Wenn ich mir denke, wie gut Frauen ausgebildet sind und wie wenig sie in Regierungen, Organisationen etc. gestalten können. Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass es bei der Chancengleichheit sowohl um Frauen als auch Männer geht. Den Männern beispielsweise die Möglichkeit zu geben, ihre Kinder aufwachsen zu sehen. Es geht auch darum, dass alle Menschen nach ihren Qualifikationen, ihren Stärken und ihren persönlichen Neigungen leben können, ohne alles auf die Rollen der Frau/Mutter und Mann/Vater zu fixieren, das gilt es zu öffnen. Einfach ist es nicht. Wir haben diese Rollen in unseren Köpfen. Auch ich als Gender-Expertin erwische mich manchmal dabei, in solchen Rollen zu denken. Das ist eigentlich gegen mein Wissen, gegen meine Erfahrung. Da merkt man, wie stark diese Bilder in unseren Köpfen verankert sind.

Sie haben an vielen Projekten mitgearbeitet, die Frauen in Forschung und Technik fördern. Sie haben bei FEMtech mitgearbeitet, ein Projekt des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) zur Bewusstseinsbildung und Förderung der Karrieren von Frauen in Forschung und Technologie. Ihr neues Projekt „Gender Career Management“, finanziert vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) in der IP Gleichstellung, zielt darauf ab, in kleinen und mittleren Unternehmen den Weg für mehr Frauen in Führungspositionen zu ebnen. Woran liegt es, dass Frauen in der Führungsetage bisher noch eine Ausnahmeerscheinung sind?

Meiner Meinung nach scheitert es hier einerseits an den stereotypen Vorstellungen, die wir von den Rollen von Frauen und Männern haben. Es gibt Attribute wie durchsetzungsstark oder wettbewerbsorientiert, die Frauen nicht zugesprochen werden. Da braucht es ein Umdenken in den Organisationen und in der Gesellschaft.

Außerdem gibt es einige Strukturen und Arbeitsrahmenbedingungen, die es erschweren bzw. erleichtern, dass Frauen in Führungspositionen kommen.

Unsere Erfahrung ist, je transparenter und strukturierter der Prozess der Rekrutierung von Führungskräften ist, desto mehr Chancen haben auch Frauen. Es kommt in Unternehmen immer wieder vor, dass Führungspositionen auf Grund von Netzwerken, also auf informellem Weg, besetzt werden, und da schneiden Frauen mit Betreuungspflichten oft von vornherein aus.

Man muss sich als Organisation genau überlegen, welches Anforderungsprofil die Führungskraft mitbringen soll. Und danach soll diese Position definiert und ausgeschrieben werden. Dadurch entsteht auch bessere Vergleichbarkeit.

Das Thema Präsenz einer Führungskraft steht auch in Diskussion. Muss ich wirklich 60-70 Wochenstunden in der Organisation präsent sein oder kann das auch variabel gestaltet werden? Z.B. durch variable Arbeitsanteile, die es ermöglichen, verantwortliche Positionen zu teilen oder die Möglichkeit von Homeoffice etc.

Und das ist für alle positiv. Organisationen, die Führung in Teilzeit anbieten, stellen oft fest, dass sich dafür auch Männer melden. Es geht um ein gesellschaftliches Umdenken wie auch bei den Umweltthemen.

Unser Projekt Gender Career Management setzt hier an. Klein- und Mittelbetriebe sind oftmals schon sehr flexibel – viel mehr als große Organisationen – weil sie es nicht so einfach haben, Fachkräfte zu finden und keine so hohen Gehälter bieten können wie große Unternehmen.. Sie ermöglichen aber oftmals sehr variable Arbeitsmodelle. Wir möchten sie dabei unterstützen, diese Modelle auch in Führungspositionen einzusetzen, und ihnen die in den Köpfen existierenden Rollenbilder aufzeigen, sodass sie ihre Führungsstruktur ändern.

Bewusstsein schaffen alleine reicht nicht. Es gibt genug Studien und Informationen darüber, dass der Frauenanteil in Führungspositionen und auch in Geschäftsführungen und bei Gründerinnen, bei Patenten, die angemeldet werden, etc. gering ist. Es braucht eine Analyse, wie Führung in der Organisation funktioniert und welche Rahmenbedingungen so verändert werden können, dass es klar ist, dass Väter in Karenz gehen und auch nicht einen klassischen Lebenslauf ohne Unterbrechungen haben.

Und das passt auch sehr gut zur Nachhaltigkeit und zur Lebensqualität. Weil man immer wieder in Studien sieht, dass junge Menschen gar nicht mehr so leben möchten. Was bedeutet Lebensqualität eigentlich? Bedeutet Lebensqualität 70 Stunden pro Woche rein für die entgeltliche Arbeit aufzuwenden? Ich glaube, es Bedarf eines Umdenkens in der gesamten Gesellschaft.

Am 11. Oktober findet der Internationale Welt-Mädchentag statt. Wo glauben Sie sollte man ansetzen, damit sich Mädchen vermehrt für technische Berufe und Ausbildungen entscheiden? Gibt es hier Ihrer Meinung nach Verbesserungsbedarf?

Viele Studien zeigen, dass Mädchen vom Kindergarten bis in den Ausbildungsbereich anders behandelt werden und dass auch Pädagoginnen und Pädagogen anders auf Mädchen zugehen und ihnen schon im Kindesalter verschiedene Verhaltensweisen zuschreiben. Mädchen wird von Anfang an weniger technische Kompetenz und weniger handwerkliches Rüstzeug zugetraut. Dabei ist es so wichtig, von Anfang an Chancengleichheit zu schaffen, damit dieser Unterschied gar nicht entsteht.

Sie brauchen dann später keine Ermutigung, weil sie das ohnehin so kennengelernt haben. Diesen Anreiz, mit Freude und Enthusiasmus etwas zu lernen, die Möglichkeit zu haben, alles zu lernen, und das Lernen selbst gestalten zu können. Diese Freiheit sehe ich als sehr essenziell und als Grundgerüst, dass sich Mädchen auch mehr für technische Ausbildungen interessieren. Dafür müssen aber technische oder handwerkliche Themen in allen Ausbildungen zu finden sein.

Und dann ist es wichtig, dass Mädchen ermutigt werden, die Schritte zu wagen. Ich habe bei der Auszeichnung der FEMtech Expertinnen des Monats viele Interviews geführt und bei der Frage, wieso sie diesen naturwissenschaftlichen/technischen Weg eingeschlagen haben, sagten die meisten: Weil mein Vater in diesem Bereich gearbeitet hat und mich von Anfang an ermutigt und informiert hat. Einige wenige sagten auch, dass Einzelpersonen in der Schule sie motiviert haben.

Und dann gibt es genug Studien, die beweisen, dass Frauen weniger zugetraut wird und sie mehr Überzeugungskraft leisten müssen, damit man ihnen diese Rolle auch zutraut.

Kurz nachgefragt:

  • Was war ihr bisher unkonventionellster Job?
    Ich habe Burgführungen auf der Burg Liechtenstein gemacht. Für eine Burg verantwortlich zu sein und einen Schlüssel zu haben, um sie jeden Tag auf- und zuzusperren, das war schon ein ziemlich unkonventioneller Arbeitsort.
  • Wandern oder Museumsbesuch?
    Wandern
  • Dieses Talent würde man Ihnen nicht zutrauen…
    Ich glaube, dass mir viele Leute das Kochen nicht zutrauen.
  • Welcher Versuchung können Sie nicht widerstehen?
    Gutem Käse
  • Pink ist die Farbe des Welt-Mädchentages. Österreichweit werden Gebäude, Brücken und sogar Websites in Pink „getaucht“, um auf die Situation von Mädchen aufmerksam zu machen. Welche Farbe passt zu Ihnen?
    Auch Pink ist ein Stereotyp. Die Farbe Rosa spielt in der Entwicklung der Mädchen nur kurz eine Rolle, dann sind sie ganz offen für andere Farben. Trotzdem wird sie ihnen immer zugeschrieben. Übrigens war in den 1920ern Rosa die Farbe, die den Buben zugeordnet wurde, blau den Mädchen.
  • Ich selbst mag gerne Petrol.
  • Mit wem würden Sie gerne einen Tag verbringen?
    Eigentlich würde ich gern einen Tag mit meinem verstorbenen Vater verbringen
  • Kürbis oder Maroni?
    Kürbis
  • Der letzte Film im Kino?
    Das Prinzip Montessori