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Grünes Reisen? Geht das?

Beitrag von unserer Bloggerin Stefanie Reichl

Sommerzeit ist Reisezeit! Grund genug, dass bei mir als Person mit chronischem Fernweh, aber gleichzeitig ausgeprägtem Umweltgewissen, regelmäßig die Krise ausbricht!

Mädchen steht an einem Steg am Traunsee mit Blick auf die Alpen
Urlaub in Österreich liegt im Trend.

Sommerzeit ist Reisezeit! Grund genug, dass bei mir als Person mit chronischem Fernweh, aber gleichzeitig ausgeprägtem Umweltgewissen, regelmäßig die Krise ausbricht!

Erst kürzlich ist wieder eine neue Studie erschienen, die dem Tourismus acht Prozent aller CO2-Emissionen zuschreibt – mit steigenden Tendenzen. Von zunehmendem Abfallaufkommen in den Gastländern, dem erhöhten Wasserverbrauch (vor allem in Ländern, die ohnehin von Trockenheit geplagt sind) oder der Zerstörung von Lebensräumen von Pflanzen und Tieren zugunsten neuer Hotelkomplexe ist hier noch gar nicht mal die Rede.

Aber was heißt das nun? Nur noch Urlaub auf Balkonien bis in alle Ewigkeit und vollständiger Verzicht auf all die wunderbaren und möglicherweise persönlichkeitsprägenden Aspekte des Reisens, wie etwa das Kennenlernen fremder Kulturen und neuer Menschen?
Für mich ehrlich gesagt unvorstellbar, also anders gefragt:

Gibt es eine nachhaltigere Art des Reisens?

Glücklicherweise ist die Antwort Ja! (Halleluja!) und man nennt sie „Sanfter Tourismus“. Dieser verfolgt drei wesentliche Anliegen, nämlich:

1) So wenig wie möglich auf die bereiste Natur einzuwirken bzw. ihr zu schaden
Dies zum Beispiel, in dem man mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, nicht auf sein Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat besteht sondern stattdessen vielleicht die im Gastland heimische Kochbanane verzehrt, oder auch im Urlaub mehrere Tage hintereinander mit demselben Handtuch auskommt.

2) Die Natur möglichst nah, intensiv und ursprünglich zu erleben
Möglich wird dies beispielsweise durch Wanderurlaube (Weltweitwandern aus Graz bietet beispielsweise weltweit nachhaltige Touren an), Fahrradreisen oder – im Winter – auch Schneeschuhtouren als sanftere Alternative zu Schiliften und Schneekanonen. Ein weiteres Beispiel wäre auch die Erkundung von Gewässern im Gastland per Kanu statt Motorboot oder ähnlichem.

3) sich der Kultur des bereisten Landes möglichst anzupassen
Damit ist gemeint, die lokale Bevölkerung in tourismusbezogene Planungs- und Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen, Tourismusangebote zu schaffen, die einen Beitrag zum Gemeinwohl im Gastort leisten und sich letztlich auch als TouristIn so zu benehmen, dass die lokale Bevölkerung möglichst wenig gestört und beeinträchtigt wird. Wenn also, so wie hier in Hallstatt, Infotafeln darauf hinweisen müssen, dass man keine filmenden Drohnen über seinem Privatgrundstück schweben haben möchte, ist das ein Beispiel dafür, wie es nicht sein sollte… 

Plitvicer Seen, Kroatien, Sommer 2016

Ein wichtiger Faktor im Vorfeld ist zudem die Wahl des Urlaubsortes. Quelle des Übels Nummer 1 für die schlechte Umweltbilanz des Tourismus sind nämlich die An- und Abreise. Insbesondere der internationale Flugverkehr, bei dem schon eine Flugreise von Deutschland nach Mallorca das Klima ungefähr im selben Ausmaß schädigt wie ein Jahr Autofahren. Lange Fernreisen dürfen bei mir deshalb nur mehr alle paar Jahre auf den Reiseplan. Zudem habe ich vor einiger Zeit entschieden, (privat) zumindest nur mehr jedes zweite Jahr zu fliegen, wenn möglich weniger. Dadurch bin ich gewissermaßen auch „gezwungen“, mir explizit näher gelegene und vermeintlich weniger interessante oder exotische Urlaubsziele zu suchen. Und bislang bin ich durch diesen Ansatz nur positiv überrascht worden! Rundherum Schönheit, interessante Städte und tolle Natur!

Und damit meine ich jetzt gar nicht, dass man seinen Reiseradius quasi auf den Nachbarort beschränken muss. Gerade innerhalb Europas ist es möglich, sehr viele Reisen per Bahn, Bus oder gar dem Fahrrad zu absolvieren. Damit ist man weder aufs Flugzeug noch aufs Auto angewiesen und so eine nächtliche Zugfahrt von Belgrad nach Budva kann ja unter Umständen auch durchaus eine spannendere Urlaubsgeschichte liefern, als ein Flug von Wien nach London. 

Kurzstreckenflüge (< 800 km) weisen übrigens eine besonders schlechte Klimabilanz auf, daher ist meine persönliche Regel, für Strecken unter dieser Länge jedenfalls auf andere Verkehrsmittel zurück zu greifen. Ist das manchmal unbequem oder ungemütlich? Die ehrliche Antwort: Ja, manchmal schon, aber eventuell nicht so ungemütlich wie ein zerstörter Planet, auf dem wir uns dann mit ganz anderen Problemen herumschlagen müssen.

Brac, Kroatien, 2016

Falls sich fliegen manchmal doch nicht vermeiden lässt, empfiehlt es sich außerdem gleich länger am Urlaubsort zu bleiben – WWF empfiehlt ab 700 Kilometer mindestens acht Tage; ab 2.000 Kilometer mindestens 15. Zudem gibt es die Möglichkeit das entstandene CO2 freiwillig zu kompensieren. Organisationen wie atmosfair oder Climate Austria berechnen hierbei auf Basis der Flugentfernung einen Kompensationsbetrag, der dann in Klimaschutzprojekte investiert wird und somit hilft, das durch den Flug entstandene CO2 an anderer Stelle langfristig einzusparen. Ein Beispiel: Mein Freund und ich sind im Sommer zu einer Hochzeit nach Kanada eingeladen und verbringen deshalb unseren Jahresurlaub diesmal drei Wochen lang auf der anderen Seite des Ozeans. Bei einem Hin- und Rückflug Wien-Montréal berechnet mir Atmosfair einen Ausstoß von 3.321 kg, die ich mit 77 Euro kompensieren kann. Danach kann ich auswählen, ob dieser Betrag in ein bestimmtes Projekt fließen soll – etwa die Ausstattung der ländlichen Bevölkerung mit effizienten Öfen in Ruanda – oder Atmosfair selbst ein Projekt bestimmen kann. Diese Lösung ist zwar langfristig nicht das Gelbe vom Ei und empfiehlt sich sicherlich nicht als genereller Ansatz à la „Ich kompensiere eh, da kann ich auch fliegen so viel ich will“, aber in Ausnahmefällen ist das meiner Ansicht nach auf jeden Fall sinnvoller als gar nichts zu tun (und trotzdem zu fliegen)!

Die gute Nachricht ist also, dass man durchaus die Welt entdecken und gleichzeitig Umweltschützerin sein kann, wenngleich auch mit Kompromissen. Gut so!
Dermaßen in meinem Gewissen beruhigt, mixe ich mir jetzt eine Sommerlimo und träume von meiner nächsten Reise!

Quebec City, Kanada, Sommer 2015