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Interview mit Dr. Peter Iwaniewicz

Beitrag von unserer Bloggerin Christa Ruspeckhofer

Dr. Peter Iwaniewicz ist Biologe und leitet die Abteilung Nachhaltige Entwicklung und Bewusstseinsbildung im Klimaschutzministerium

Portrait von Dr. Peter Iwaniewicz
Interview mit Dr. Peter Iwaniewicz

Dr. Peter Iwaniewicz ist Biologe und leitet die Abteilung Nachhaltige Entwicklung und Bewusstseinsbildung im Klimaschutzministerium, er lehrt an der Universität Wien und der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik und arbeitet auch als Wissenschaftsjournalist.

Für die Stadtzeitung Falter schreibt er seit vielen Jahren eine Kolumne über Tiere und Menschen und hat auch mehrere populärwissenschaftliche Bücher veröffentlicht.

Er vertritt das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie als Co-Vorsitzender in der Expertenkonferenz der Nachhaltigkeitskoordinator:innen. Dieses Gremium ist ein wichtiges Forum zur Abstimmung der Nachhaltigkeitsaktivitäten von Bund und Ländern.

Der Begriff Nachhaltigkeit wird medial oft verwendet. Sie sind auch in Sachen Kommunikation ein Profi – haben Sie das Gefühl, dass die Menschen wissen, was es heißt nachhaltig zu leben? Oder braucht es noch mehr Bewusstseinsbildung?

Es braucht auf jeden Fall kognitives Wissen und emotionales Verständnis, wie wir unser Leben so führen sollten, dass auf uns folgende Generationen auch noch ein gutes Leben in vielen intakten Naturräumen haben. Dazu muss man dafür speziell auf alle Bevölkerungs- und Altersschichten zugeschnittene Bildungsarbeit anbieten.

Das bedeutet aber auch, dass man diese Aufgabe nicht nur beim Bildungsministerium deponieren kann, sondern diese Bildungsarbeit eine Verpflichtung für alle Institutionen und Organisationen der Gesellschaft sein muss.

Nachhaltigkeit wird auch seitens der Politik forciert. Um die Aktivitäten aller Akteurinnen wie EU, Bund, Länder und Gemeinden zu akkordieren, gibt es die Expertenkonferenz der NachhaltigkeitskoordinatorInnen im BMK. Welche Projekte und Ideen werden dort beispielsweise besprochen und bearbeitet?

Die Länder sind oft näher an der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele in den Regionen dran, seitens des Bundes haben wir oft mehr das große Ganze im Überblick.

Jetzt planen wir zum Beispiel einen Austausch zu Bürgerbeteiligung bei öffentlichen Vorhaben. Da gibt es viele spannende und erfolgreiche Beispiele wie man dauerhafte und akzeptierte Lösungen für Konfliktthemen schafft.

Eine Nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft lässt sich nicht von oben herab verordnen, um erfolgreich zu sein braucht es die Einbindung aller, die sich betroffen fühlen.

In welchen Bereichen gelingt es Ihnen persönlich im Alltag besonders gut nachhaltig zu leben? Gibt es auch etwas, wo es nicht ganz so gut funktioniert?

Ich besitze zwar ein Auto, aber benutze dieses fast nur zum Transport schwerer Lasten oder nächtlicher Fahrten. Sonst bin ich mit dem Fahrrad oder im modalen Split mit einem E-Scooter unterwegs.

Schwieriger ist es bei der Ernährung, weil man in einem Gasthaus kaum Informationen über Ursprung und Verarbeitung der Lebensmitte hat. Und leider berufsbedingt sind einige Dienstreisen ins fernere Ausland aus Zeitgründen meist nur mit dem Flugzeug möglich.

Untrennbar mit Nachhaltiger Entwicklung verbunden sind auch die nachhaltigen Entwicklungsziele – die SDG’s (Sustainable Development Goals). Sind diese schon ausreichend bei der Bevölkerung bekannt? Wie sehen Sie als Kommunikationsexperte es: Wie könnte es uns gelingen, die Ziele bestmöglich zu erklären und ins Bewusstsein der Menschen zu bringen?

Die wichtige und richtige Idee von weltweit sinnvollen und von uns allen zu erreichenden Zielen ist immer noch ein viel zu theoretisches Konstrukt, das für viele Menschen keinen Bezug zu ihrem Alltag herstellt.

Wir müssen uns bewusst sein, dass es dabei um tiefgreifende Veränderungen unserer Lebensweise geht, die Ernährung, Mobilität, Wohnen und unser Freizeitverhalten betreffen. Das werden wir nur mit ausschließlich logischen Argumenten nicht erreichen können. Man muss die Notwendigkeit dieser Transformation und auch die Überzeugung, richtig zu handeln auch auf einer Ebene der Gefühle adressieren.

Was brauchen wir wirklich, um ein gutes Leben zu führen? Die Lösung liegt sicher nicht in darin, mehr zu konsumieren, mehr Energie zu verbrauchen und unsere Naturräume zu zerstören. Gerade bei jungen Menschen sehe ich konstruktive Ansätze und gute Beispiele. Diese sollten wir stärker fördern und anerkennen.

Sie schreiben seit 1993 wöchentliche eine Kolumne über Tiere in der Wochenzeitschrift Falter und zaubern damit vielen Menschen ein Lächeln ins Gesicht, da sie sehr kurzweilig geschrieben ist. Für alle, die sie nicht kennen: Worum geht es in der Kolumne? Woher holen Sie sich die Inspiration dafür?

Eigentlich geht es dabei meistens mehr um uns Menschen und unserer Beziehung zu anderen Lebewesen. Ich versuche das aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, nicht nur biologisch, sondern oft auch kulturhistorisch oder popkulturell. Mein Anspruch dabei ist, das die Lesenden immer ein Aha-Erlebnis haben, über etwas lächeln können und sich an einer eleganten Formulierung erfreuen.

Die Ideen dafür finde ich überall, manchmal im Chronikteil der Medien, dann wieder in Forschungsarbeiten oder auch in Zuschriften mit interessanten oder absurden Fragen zur belebten Welt.

Für Sie als Biologe ist auch das Verhältnis zwischen Menschen und der Natur interessant. Haben Sie den Eindruck dieses Verhältnis verändert sich? Der Nutzungsdruck auf die Natur scheint zu steigen – der respektvolle Umgang mit der Natur und den Ressourcen eher zu schwinden – oder täuscht das?

Wir haben durch die industrielle Tierhaltung jeden Bezug verloren, wie Lebensmittel produziert werden. Die Bewegung des Veganismus zeigt uns immer wieder und oft überraschend auf, in welchen Produkten Tiere verarbeitet werden. Industrielle Backwaren enthalten zum Beispiel oft eingebackene Tierbestandteile, weil die Aminosäure L-Cystein aus Schweineborsten oder Federn gewonnen wird.

Aber ich orte auch da ein zunehmendes Bewusstsein bei jungen Menschen die sich aus ethischen Gründen anders ernähren.
Und ältere Menschen wiederum kennen noch den Zustand der Naturräume ihrer Jugend. Vieles davon ist bereits verloren gegangen und diese Menschen setzen sich für den Erhalt der Landschaften ein.

Kurz nachgefragt:

  • Welches ist Ihr Lieblingstier? 
    Das Bärtierchen (Tardigrada) – auch Wasserbären genannt sind nur wenige Millimeter groß und lassen sich aus einem quasi toten, tiefgekühlten Zustand wieder zum Leben erwecken.
  • Ihr Schreibtisch: Chaotisch oder ordentlich? 
    In fast schon übertriebener Weise aufgeräumt. Im Chaos kann ich nicht denken
  • Dieses Talent würde man Ihnen nicht zutrauen: 
    Ich kann freihändig mit dem Fahrrad Slalom fahren
  • Ihr Lieblingsfach in der Schule war… 
    Turnen
  • Ihr Berufswunsch als Kind war … 
    Astronaut
  • Ihr Lieblingsbuch? 
    Die Sterntagebücher des Weltraumfahrers Ijon Tichy von Stanisław Lem
  • Was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? 
    Wenn sie sehr einsam ist, jedenfalls etwas zu essen
  • Ihr liebstes Hobby ist … 
    Badminton (und sagen Sie nie Federball dazu)