Beitrag von unserem Blogger Gerald Franz
Wie man sich mit Radfahren persönlich weiterentwickeln kann!
Ja, du hast schon richtig gelesen – in meinem Beitrag geht es um die seelische Weiterentwicklung durchs Radfahren.
Die körperlichen sprich physischen Vorteile des Radelns sind ja ohnehin unbestritten (stärkt das Immunsystem, das Herz-Kreislaufsystem, die Muskeln, etc.).
Doch was meine ich mit psychischer Entwicklung?
Ihr kennt ja sicher alle den Spruch „was mich nicht umbringt, macht mich nur stärker“. Eigentlich ein wilder Satz, über den ich näher nachgedacht habe und zum Schluss gekommen bin, dass dieser fürs Radfahren dennoch sehr treffend ist. Ich spreche hier wohlgemerkt, nicht vom sportlichen leistungsorientierten Radfahren, auch wenn da die Redewendung genauso passen würde. Mir fällt hier der Extremsportler Christoph Strasser ein, der mehrmals das „Race Across America“ in Rekordzeit gewonnen und dabei schlimme Muskelkrämpfe, Schlafentzug und völlige Erschöpfung in Kauf genommen hat.
Doch all das tangiert uns normalsterbliche Radlerinnen und Radler wenig. Ich rede vom alltäglichen Radfahren im Dorf oder in der Stadt, am Weg zur Arbeit, zum Einkaufen, zu Freunden oder in die Schule etc.
Warum macht es uns stärker im Alltag am Fahrrad zu sitzen?
Nun, zum einen hat man es als Radfahrer nicht immer leicht, den eigenen Schweinehund zu überwinden. Wenn es draußen kühler wird, so wie jetzt im Herbst. Es nieselt und morgens ist es länger dunkel, dann kostest es klarerweise mehr Überwindung aufs Rad zu steigen als ins geheizte Auto, mit Radio und weichen Sitzen. Eine Überwindung, die sich durchaus bezahlt macht – der Fahrtwind, die Bewegung, Gerüche – all das löst Endorphinschübe und somit Glücksgefühle aus. Mit der Überwindung kann man auch ein wenig Selbstdisziplin üben und ist am Ende des Tages zufriedener.
Zum Zweiten, und das ist noch spannender, heißt Radfahren nicht nur Entbehrungen in Kauf zu nehmen, sondern auch sich zu exponieren. Da tritt obiger Spruch wieder in Kraft – Radfahren ist manchmal nicht ungefährlich oder zumindest oftmals ungemütlich. Unsere Straßenverkehrsinfrastruktur ist aufs Auto ausgerichtet. Radfahrende haben weniger Platz und sind des Öfteren Anfeindungen ausgesetzt (ja klar, nicht alle Radelnden sind Unschuldslämmer, aber tendenziell sind halt die Autofahrenden die Stärkeren – allein die Masse machts). Wer sich am Rad immer wieder den knappen Platz mit Fußgängerinnen und Fußgängern teilen muss und dennoch von Autos „gedisst“ wird, muss eine dicke Haut entwickeln. Für die eigene Persönlichkeit heißt das, Geduld üben, stärker werden, an sich glauben und auch nicht aufgeben, wenn es mühsam wird.
Last but not least heißt Radfahren auch andere von der eigenen Begeisterung zu überzeugen. Ein gewisser pädagogischer Ansatz ist dem Gedanken nicht abzusprechen. Es tut gut, wenn nach vielen Gesprächen – wo es darum geht, berechtigte Ängste und Vorbehalte abzubauen – die Person tatsächlich aufs Rad steigt und man Mitstreiterinnen und Mitstreiter für aktive Mobilität gefunden hat.
Ein Plädoyer fürs Alltagsradeln
Die bestehenden Strukturen ändern sich langsam, Radfahren im Alltag wird oftmals noch als exotisch betrachtet. Am Fahrrad werden Menschen vermutet, die sich kein Auto leisten können, vor allem im ländlichen Bereich. Dabei sollte es umgekehrt sein und zuerst auf das einfache, unkomplizierte Verkehrsmittel Fahrrad zurückgegriffen werden. In der Vergangenheit konnte sich nicht jeder ein Auto leisten und auch für die Gegenwart und Zukunft kann dies nicht als selbstverständlich betrachtet werden. Fahrradfahren heißt einfacher, nachhaltiger aber auch freier und selbstbestimmter zu leben. Wer dies gerne und trotz aller Widrigkeiten tut, wird dafür mental belohnt, denn es stärkt auch die Seele.
Ein anderer Spruch sei zuletzt von mir bemüht: „(Feel the) fear and do it anyway“ –genau das ist auch Radfahren. Man weiß nie was passieren wird und könnte und dennoch sollte man nicht aufhören damit. Ein Helm schützt uns dabei und sollte heutzutage dazugehören. Wer sich von diesen Gedanken angesprochen fühlt, schwingt euch aufs Rad, trauts euch– gemeinsam sind wir stärker! Und irgendwann werden wir immer mehr Radlerinnen und Radler, und wir werdenden adäquaten und sicheren Raum dafür bekommen – da ist ein Licht am Ende des Tunnels!