Österreich ist Europameister, wenn es um die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegten Kilometer pro Person geht. Pro Person und Jahr werden in Österreich rund 2.250 Kilometer mit Bahn, U-Bahn oder Straßenbahn zurückgelegt, mehr als doppelt so viele als im EU-Durchschnitt (Quelle: VCÖ). Ein gut ausgebautes öffentliches Nah- und Fernverkehrsnetz, sowie angemessene Taktung und Fahrpreise unterstützen den Umstieg vom Auto auf die Öffis. Dadurch wird nicht nur der CO2 Ausstoß verringert, sondern es steigt unter anderem auch die Luftqualität.
Nachhaltige Städte und Gemeinden zeichnen sich noch durch wesentlich mehr Kriterien aus. Deshalb sind in der Agenda 2030 folgende Unterziele verankert:
- Zugang zu angemessenem, sicherem und bezahlbarem Wohnraum für alle sicherstellen
- Zugang zu sicherem, bezahlbarem, zugänglichem und nachhaltigem Verkehrssystem für alle ermöglichen
- Sicherheit im Straßenverkehr durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs verbessern
- Verstädterung inklusiver und nachhaltiger gestalten
- Weltkultur- und Naturerbe bewahren und schützen
- Todesfälle und wirtschaftliche Verluste durch Katastrophen reduzieren
- Von Städten ausgehende Umweltbelastungen (Luftverschmutzung, Abfallbehandlung) reduzieren
- Zugang zu sicheren, inklusiven und zugänglichen Grünflächen und öffentlichen Räumen für alle gewährleisten
Entwicklung
Die weltweite Luftverschmutzung in den Städten ist erschreckend: Nur in 10 % der Städte erreicht die Luft eine Qualität, die gemäß WHO Luftqualitätsrichtlinie als saubere Luft eingestuft werden kann. Dabei ist der Anteil in Europa und Nordamerika mit 40 % noch relativ hoch im Vergleich zu Asien, wo in keiner einzigen Stadt diese Luftqualität erreicht wird.
Ein anderes Kennzeichen für nachhaltige Städte und Gemeinden sind qualitativ hochwertige Wohnmöglichkeiten. Leider gibt es auch In Österreich noch immer Wohnungen, die einen sehr schlechten Wohnstandard aufweisen und somit mindestens zwei der folgenden vier Kriterien entsprechen:
- weder Badezimmer noch Dusche in der Wohnung,
- keine Toilette in der Wohnung,
- Probleme durch feuchte Wände oder Fußböden, Fäulnis in Fensterrahmen oder Fußböden, undichtes Dach,
- Probleme durch dunkle Räume.
Der Anteil der österreichischen Bevölkerung mit sehr schlechtem Wohnstandard schwankt auf niedrigem Niveau. Er sank seit 2008 leicht, stieg wieder an um erneut zu sinken (von 3,5% auf 2% , auf 3% und aktuell 1,9% laut Statistik Austria 2021). Diese Größenordnungen können aber auch auf Stichprobeneffekte zurückzuführen sein.
Wo stehen wir heute?
Statistik Austria hat im Jahr 2020 zwei Berichte zu den SDGs veröffentlicht, den SDG-Indikatoren-Endbericht im Mai 2020 und das Update 2019 und Covid-19-Ausblick zum SDG-Indikatorenbericht im November 2020. Im Jahr 2023 erschien der aktuelle Bericht mit Zahlen bis inklusive 2021.
Im Wesentlichen zeigen die Berichte folgendes Bild zur aktuellen Situation hinsichtlich Zielerreichung:
- 1,9 % der österreichischen Gesamtbevölkerung lebten 2019 in Wohnungen mit einem sehr schlechten Wohnstandard (2010: 3,5 %).
- Der Anteil der Personen mit Wohnkostenüberlastung reduzierte sich von 6,5 % (2010) auf 6,1 % (2021) – EU-27 8,3% 2021.
- Für Bau-, Verkehrs- und Freizeit-/Abbauflächen nahm die Flächeninanspruchnahme von 2010 auf 2021 um 10,6 % zu. Der Gesamtversiegelungsgrad der Siedlungs- und Verkehrsflächen in Österreich betrug 2020 rund 41%.
- Die Siedlungsabfälle stiegen von 562 kg (2010) auf 579 kg pro Kopf (2018) an. Durch eine Neuberechnung mit anderer Methodik beträgt das Aufkommen von Abfällen im Jahr 2020 bei 834 kg pro Kopf. Die nationale Sammelquote beträgt 100 %.
- Die bevölkerungsgewichtete Exposition durch PM2,5 nahm in den 6 größten Städten von 2010 bis 2020 deutlich ab und erreichte den niedrigsten Wert der Zeitreihe (von 20,2 auf 11 Mikrogramm).
Nachhaltige Städte und Gemeinden – Ausblick hinsichtlich Covid-19 Auswirkungen
Der Sustainable Development Report 2020 der Bertelsmann Stiftung geht von einer differenzierten bzw. moderat negativen Entwicklung auf globaler Ebene auf Ziel Nr. 11 aus. Es wird mit einem Anstieg der städtischen Armut gerechnet, aber auch mit der Einschränkung der öffentlichen Verkehrsmittel bzw. ebenfalls reduziertem Zugang zu öffentlichen/grünen Räumen. Aber die Schadstoffbelastung wird – zumindest kurzfristig – verringert sein.
Das differenzierte Bild zeigt sich auch in Österreich – der öffentliche Verkehr wurde während der Gesundheitskrise stark eingeschränkt. Der Zugang zu Grünflächen wurde während des Lockdowns Nr. 1 teilweise beschränkt. Die Schadstoffbelastung zeigte lt. Umweltbundesamt einen Rückgang an verkehrsnahen und städtischen Messstationen durch weniger Verkehrsaufkommen.
Bzgl. des Abfallaufkommens hat sich gezeigt, dass das Abfallaufkommen durch Industrie, Produktion und Tourismus zurückging, während es im privaten Haushalt anstieg. Die Sammelquote konnte aufrechterhalten werden. Die Flächeninanspruchnahme durch Bauten oder Verkehrsflächen wurde eher kurzfristig verzögert.
Wir Tun Was
Patrick Haslinger, 26 Jahre Technischer Angestellter bei einem privaten Energieversorgungsunternehmen; berufsbegleitendes Bachelorstudium Energie- und Umweltmanagement.
Die UN Nachhaltigkeitsziele stellen einen wichtigen globalen Konsens dar, eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Entwicklung zu forcieren.
Rund die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten – mit steigender Tendenz. Gerade deswegen ist das elfte Nachhaltigkeitsziel – nachhaltige Städte und Gemeinden – besonders wichtig.
Um in der Zukunft in nachhaltigen Städten leben und arbeiten zu können, sind Überlegungen in der Stadtentwicklung und Raumplanung bereits heute zu treffen.
Meiner Meinung nach haben nachhaltige Städte ein gut ausgebautes Öffi-Netz und Radverkehrswegenetz, um Staus zu den Stoßzeiten und den damit einhergehenden Ausstoß von Luftschadstoffen zu vermeiden. Ein weiterer Aspekt ist die Gewährleistung uneingeschränkter Mobilität für alle Personen.
Ich denke, die Nutzung erneuerbarer Energien zur Stromgewinnung, in der Raumwärme und in der E-Mobilität ist ebenso wichtig wie leistbares Wohnen, Bildung und medizinische Versorgung.
Beinahe alle Maßnahmen können sowohl in einer Millionenstadt als auch in einer kleineren Gemeinde umgesetzt werden. Es liegt an uns, die Zukunft zu gestalten, nutzen wir diese Möglichkeit.
Was kann ICH tun?
Aber was kann ICH persönlich nun zum SDG „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ beitragen?
Kleine Maßnahmen – große Wirkung!
- Für kurze Strecken das eigene Fahrrad oder Fahrrad-Verleihsysteme wie beispielsweise nextbike nutzen und damit (im bebauten Gebiet) umweltfreundlich mobil sein.
- Vom Auto auf den öffentlichen Verkehr umsteigen und damit zur Verbesserung der Luftqualität beitragen.
- Autos mit alternativen Antriebsmöglichkeiten, wie zum Beispiel elektrische Energie, bevorzugen und damit den Schadstoffausstoß verringern.
- Sich bei BürgerInnenbeteiligungsprozessen zur Stadtentwicklung engagieren und damit eine nachhaltige, sichere und inklusive Gestaltung forcieren.
Die SDGs (Sustainable Development Goals) wurden 2015 von den Vereinten Nationen (193 Mitgliedsstaaten) in der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ als Fortführung der MDGs (Millennium Development Goals) beschlossen. Die 17 Ziele sollen zu einer nachhaltigen Entwicklung unserer Welt beitragen.
Aktualisiert am 29.09.2023