Beitrag von unserer Bloggerin Daniela Capano
Interview mit DI Andreas Weiß, Biosphärenpark Wienerwald
Seit Juli 2019 hat der Biosphärenpark Wienerwald einen neuen Direktor. DI Andreas Weiß – vorher Leiter der Verwaltungsbehörde für das EU-Förderprogramm INTERREG Österreich
Seit Juli 2019 hat der Biosphärenpark Wienerwald einen neuen Direktor. DI Andreas Weiß – vorher Leiter der Verwaltungsbehörde für das EU-Förderprogramm INTERREG Österreich – Tschechische Republik und über viele Jahre im Regionalmanagement Niederösterreich als Geschäftsführer des Regionalverbandes Industrieviertel tätig – wird den in Europa einzigartigen Biosphärenpark Wienerwald am Rande der Großstadt Wien leiten.
Der Biosphärenpark soll ein Motor und Motiv für nachhaltige Regionalentwicklung sein. Er ist keine reine Schutzkategorie, sondern schafft durch Bewirtschaftung Kulturlandschaft, Artenvielfalt und Biodiversität.
Herr Weiß, herzlichen Glückwunsch zur Bestellung zum neuen Direktor des Biosphärenparks Wienerwald. Vielmehr ist es eine Wiederbestellung, denn Sie waren in den Jahren 2007/2008 hier schon einmal tätig, damals allerdings als Interimsgeschäftsführer mit definiertem Ablaufdatum. Jetzt sind Sie wieder im 2005 mit dem als „UNESCO- Biosphere Reserve“ ausgezeichneten Biosphärenpark. Wieso brauchen wir solche von der UNESCO unter Schutz gestellten Flächen? Was ist der Vorteil?
Gerade was den Wienerwald betrifft haben wir den Riesenvorteil, dass wir durch die Auszeichnung ein Instrument in der Hand haben, das uns ermöglicht, die Erhaltung des Wienerwalds als Ressource, als Genpool für Artenvielfalt, als „Trägerrakete“ für nachhaltige Regionalentwicklung und die Erhaltung dieser einzigartigen Kulturlandschaft zu ermöglichen und auch rechtfertigen zu können. Denn die Kernzonen, aber auch die Landschaftspflegezonen und Entwicklungszonen stehen zur Verfügung, um die Gesamtheit der Region zu erhalten und nachhaltig weiterzuentwickeln.
Der Vorteil dieser Flächen liegt klar auf der Hand: Es ist wichtig für die Kultur- und die Naturlandschaft und diese sind wiederum eine wichtige Ressource.
In Zeiten des Klimawandels spielt der Wienerwald eine große Rolle als C02-Speicher und Luftfilter für die Region und als Kühlelement, sozusagen der beste Kühlschrank, für die Region selbst, aber auch für die Großstadt Wien.
Und um diesen Wert zu erhalten, hilft uns die UNESCO mit dieser Auszeichnung.
Sie haben Landschaftsökologie studiert und haben viel Erfahrung in der Regionalentwicklung. Genau dieses Zusammenspiel wird auch in einem Biosphärenpark gefordert: Die Naturvielfalt darin soll erhalten bleiben, aber er soll auch in der Region verankert sein und die Bevölkerung und die Landwirtschaft miteinbeziehen. Wie möchten Sie in den nächsten Jahren dieses Zusammenspiel gestalten? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
In den ersten Wochen habe ich die Erfahrung gemacht, dass in den Köpfen der Menschen der Biosphärenpark sehr stark als Schutzkategorie verstanden wird, was er so nicht ist. Die UNESCO-Idee für modellhafte Regionalentwicklung ist nicht nur der Erhalt der Artenvielfalt und Biodiversität, sondern auch die Weiterentwicklung der Natur- und Kulturlandschaft. Und das bewusst und transparent zu machen, welche Möglichkeiten das bringen kann für die Entwicklung der Gemeinden, der Wirtschaftsbetriebe, der Initiativen der Region, da möchte ich ansetzen: In den klassischen Bereichen der regionalökonomischen Entwicklung.
Stärker mit den Gemeinden, den Betrieben, der Region das PartnerInnennetzwerk weiterzuentwickeln, das sind meine Schwerpunkte und Zielsetzungen.
Der Biosphärenpark Wienerwald erstreckt sich mit ca. 105.000 Hektar über 51 Niederösterreichische Gemeinden und 7 Wiener Gemeindebezirke, also über zwei Bundesländer. Eine weitere Besonderheit ist es auch, dass sich der Biosphärenpark am Rande einer Millionenstadt befindet. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch?
Die Herausforderung ist natürlich, dass man zwischen den beiden Bundesländern Wien und Niederösterreich eine Balance findet, was die gemeinsame Weiterentwicklung und das Verständnis betrifft. Es gibt aufgrund des föderalistischen Systems zum Teil unterschiedliche Naturschutzgesetze, Raumplanungsgesetze, etc.
Und es ist oft leichter, das Verständnis für den Wienerwald in den ländlichen Regionen in Niederösterreich zu verankern, auch weil sie direkt im Wienerwald leben, als bei der Bevölkerung in den Wiener Bezirken des Biosphärenparks. Das wird sicher eine Herausforderung sein. Aber das ist ja auch ein Alleinstellungsmerkmal des Wienerwaldes. Er bekam ja auch diese UNESCO-Auszeichnung, weil er einer der größten Laub-Mischwaldgebiete am Rand einer Großstadt ist. Die Artenvielfalt selbst, die Zusammensetzung der Flora und Fauna, ist messbar größer als in anderen Regionen.
Der Klimawandel ist im vollen Gange, auch bei uns sind die Auswirkungen spürbar. Die Temperaturen ändern sich, das Wetter spielt teilweise verrückt. Spüren Sie, Ihr Team oder Ihre Landwirte bereits Auswirkungen im Biosphärenpark Wienerwald? Wie geht der Biosphärenpark mit diesen veränderten Voraussetzungen um?
Wir sehen natürlich, wenn man es wieder biologisch, ökologisch und forstwirtschaftlich betrachtet, dass sich durch die steigende Trockenheit die Artenzusammensetzung im Wienerwald ändert.
Wir haben im Wienerwald Eichen-Buchen-Mischwälder und da die Eiche mehr Trockenheit und Wärme verträgt, wird sie sich möglicherweise stärker durchsetzen.
Ehemalige Fichtenaufforstungen, die wir in der klassischen Forstwirtschaft auch im Biosphärenpark haben, werden sicher rückläufig sein. Da gibt es mit einigen Flächen bereits Bestandsumwandlungen, d.h. dass die Fichte bewusst rausgeforstet und mit Naturverjüngung gearbeitet wird. Auch in den Kernzonen, den Urwaldzonen, wird es Bestandsumwandlungen hin zu einer natürlichen Artenzusammensetzung geben.
Denkt man an Klimaschutz und Klimawandelanpassung, muss man aber auch sagen, dass die Erhaltung des Wienerwalds, wie es mit der UNESCO Auszeichnung zum Biosphärenpark 2005 manifestiert wurde, ein wichtiger Schritt in Richtung Klimawandelanpassung war, weil es gerade in der heutigen Zeit total wichtig ist, dass es den Biosphärenpark gibt, der uns hilft, die Ressource Wald und Landschaft zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Kurz Nachgefragt:
Meine schönste Kindheitserinnerung?
Spielen am Bach in Kirchschlag in der Buckligen Welt, wo ich herkomme.
Mein Lieblingsfach in der Schule?
Deutsch
Dafür bin ich wirklich dankbar?
Dass ich meine Kindheit tatsächlich großteils im Wald verbringen konnte in der Nähe meines Elternhauses, was mich sehr geprägt hat.
Wohin würden Sie morgen früh verreisen?
Richtung Norditalien oder Istrien.
Der beeindruckendste Mensch in der Geschichte?
Mahatma Gandhi
Das beste Buch, das Sie zuletzt gelesen haben?
Ich mag Krimiserien z. B. Commissario Montalbano von Andrea Camilleri und Krimis von Rita Falk und Wolf Haas.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, dann…
werde ich so lange wie möglich im Wienerwald tätig sein.
Am Herbst mag ich….
das Bunte.
Ihre größte Freude?
Gemeinsam zu musizieren. Ich spiele Dudelsack, Gitarre und Mandoline
3 Dinge, die man im Biosphärenpark machen muss
Mit dem Mountainbike die neu beschilderten Mountainbike-Routen erleben; eine Kernzone am markierten Wanderweg durchwandern und der Urwaldbildung zuschauen; beim Heurigen sitzen und in den Wienerwald, in unsere Weinbaulandschaften und den Biosphärenpark reinschauen.