Zum Inhalt Zum Hauptmenü

Partnerinnen & Partner

Interview mit Franz Gruber, Die Garten Tulln

Beitrag von unserer Bloggerin Luise Steininger

Franz Gruber erklärt wie ein nachhaltiger und zukunftsfähiger Garten sein soll und verrät uns seine persönliche Vorlieben zum Thema Garten.

Interview mit Franz Gruber, MSc
Luise Steininger im Gespräch mit Franz Gruber, MSc

Franz Gruber, MSc ist seit 2012 Geschäftsführer von Der Garten Tulln – der NÖ Landesgartenschau. Im Interview berichtet er über die damals revolutionäre Idee einer ökologischen Gartenschau, erklärt wie ein nachhaltiger und zukunftsfähiger Garten sein soll und verrät uns seine persönliche Vorlieben zum Thema Garten.

Die Garten Tulln öffnete 2008 als Landesgartenschau auf einem Arial von 7 ha Kernfläche ihre Tore und hat mittlerweile unter anderem mehr als 60 Schaugärten. Sie sind seit 2012 Geschäftsführer, aber schon lange mit dem Thema Tourismus beschäftigt. und waren beim Aufbau der Gärten Niederösterreichs maßgeblich involviert. Was zeichnet für Sie persönlich die Garten Tulln aus? Warum glauben Sie war dieser großartige Erfolgsweg möglich?

Für mich wesentlich sind zwei Dinge: Einerseits die große Idee und andererseits die kleinen, menschlichen Dinge.

Vor etwas mehr als 10 Jahren gab es die große, mutige und europäisch richtungsweisende Idee, dass eine ökologische Gartenschau errichtet werden soll. Das Format der Gartenschau kommt ursprünglich aus England. So wie wir sie kennen – schön blühende Gärten mit Frühjahr-, Sommer- und Herbstflor – entstanden sie nach dem 2.Weltkrieg in Deutschland. Ich begleite die Garten Tulln bereits seit der Planungsphase in unterschiedlichen Funktionen und die Idee war es einen Garten ökologisch zu entwickeln, mit ihm zu lernen und zu wachsen. Die Garten Tulln ist in den mittlerweile fast 10 Jahren ein eingewachsener Garten geworden, wir konnten schon sehr viel zum ökologischen Gärtnern lernen und sie hat sich zum europäischen Vorzeigeprojekt entwickelt. Ich bin stolz darauf, dass die Insel Mainau – ein europäischer und gartentouristischer Vorzeigebetrieb – mit zwei Gärten einen Gärtneraustausch zur Weiterbildung macht. Der eine ist der große botanische Garten Kew Gardens in London und der zweite Garten sind wir, um das ökologische Gärtnern in einem Schaugarten zu lernen.

Das zweite sind die vielen kleine Dinge: die kleinen Details, die vielen Menschen, die an der Entstehung beteiligt waren. Es ist die menschliche, die botanische und die gärtnerische Qualität. Ein Beispiel auf das ich besonders stolz bin ist meine Lieblingsblumen Dianthus collinus, die Hügelnelke – in der Fachliteratur gilt sie als ausgestorben. Wir haben es geschafft, sie bei uns zu vermehren. Ich freue mich darüber unheimlich und ich freue mich schon, wenn sie jetzt bald blühen wird.

Interview mit Franz Gruber, MSc

Die Garten Tulln war ursprünglich für zehn Jahre konzipiert und ist mittlerweile zur zeitlich unbegrenzten Landesgartenschau und zum botanischen Garten geworden. Was bedeutet das für Sie?

Das sie botanischer Garten ist zeigt die botanische und die gärtnerische Kompetenz, die wir uns aufgebaut haben und es zeigt die Verantwortung, die wir übernehmen: als ökologische Gartenschau müssen uns um die Botanik, die Forschung und die Artenerhaltung und Bewusstseinsbildung kümmern. Dazu kooperieren wir beispielsweise mit Donauuni, BOKU Wien und Uni Wien auf wissenschaftlicher Ebene. Natürlich sind wir primär ein Schaugarten, aber diese Dinge machen die Sache rund.

Das die Garten Tulln mittlerweile zur Dauereinrichtung geworden ist zeigt, dass die Idee sich durchgesetzt hat und bei den Menschen angekommen ist. Teilweise steht das gärtnerische Interesse im Vordergrund: es kommen GärtnerInnen, die dazu lernen wollen und viele BesucherInnen, die schon von der Aktion Natur im Garten „infiziert“ sind und einen Garten neu anlegen wollen. Aber es kommen auch viele Menschen, die einfach einen Ausflug machen wollen.

Sie haben es schon angesprochen: Die Garten Tulln wurde von Beginn an nach den „Natur im Garten“-Kriterien rein ökologisch gepflegt und ist somit ein Vorzeigeprojekt in Europa. Wie sind sie zum Start der Garten Tulln persönlich zu diesem Vorhaben der rein ökologischen Pflege einer Gartenschau gestanden? Haben Sie daran geglaubt, dass es machbar ist?

Als das Projekt vorgestellt wurde, habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden um was es da alles geht. Damals hat man die Bedeutung des Themas Garten und seine Bedeutung für Ökologie und Gesellschaft noch nicht erkannt. Mittlerweile hat das Thema Garten seine Relevanz bekommen: Ökologie, Generationen, Ernährungssicherheit, Artenerhalt, Sortenerhaltung, … so viele Aspekte, die mir damals nicht bewusst waren.

Grundsätzlich habe ich daran geglaubt, dass die ökologische Pflege machbar ist. Ich kannte die Aktion „Natur im Garten“ bereits und ich wusste, dass die Kolleginnen und Kollegen mit Herzblut dahinter stehen. Mir war nicht klar, dass ein ökologischer Garten genauso ästhetisch schön wie ein konventioneller sein kann. Wir wissen aus BesucherInnenbefragungen, dass die Leute es gut finden, wenn der Garten ökologische gepflegt ist, aber sie einen schön gestalteten Garten haben wollen. In Tulln zeigen wir, dass genau das möglich ist: ein ästhetisch schöner, ökologisch gepflegter Garten.

Ich kann mir vorstellen, dass das Vorhaben der ökologischen Pflege der Gartenschau vor allem zu Beginn doch auf der einen oder anderen Seite auf große Skepsis und vielleicht auch auf Ablehnung gestoßen ist. Was waren, oder was sind die größten Sorgen oder Befürchtungen dabei? Wie haben die Gärtnerinnen und Gärtner darauf reagiert?

Die Fragen zum Thema ökologische Pflege haben sich geändert. Zu Beginn war die Frage ob es überhaupt möglich ist – auch in der Fachszene. Viele Menschen glaubten, dass es ohne Kunstdünger und Pestizide nicht geht. Insbesondere bei den Rosen war die Skepsis groß. Aber früher hat weder Kunstdünger noch Pestizide gegeben und es hat auch funktioniert. Natürlich funktioniert manchen besser und manches schlechter, die eine oder andere Pflanze fällt aus – und das darf sie bei uns auch.

Mit welchen Fragen werden heutzutage die Gärtnerinnen und Gärtner von den Besucherinnen und Besuchern konfrontiert?

Es sind die Themen die Menschen in ihren eigenen Gärten beschäftigt. Es geht immer wieder um das Thema Schnecken, immer mehr um Ernährung aus dem Garten und Nützlinge. Weiters wird oft gefragt warum Torf nicht verwendet werden soll, obwohl es ein Naturprodukt ist: Torf braucht einerseits sehr lange um zu entstehen, große Flächen an Landschaften werden unwiederbringlich zerstört und das Moor ist einer der wichtigen CO2-Speicher und somit auch wichtig für unser Klima. Beispielsweise wird die CO2-Bilanz der baltischen Staaten durch das Trockenlegen der Moore und den Torfstich stärker belastet als durch die Industrie.

Jährlich kommen etwa 220.000 Besucherinnen und Besucher auf das Gelände der Garten Tulln – vor kurzem konnten Sie die 2-millionste Besucherin begrüßen. Die Garten Tulln ist damit nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel, sondern auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region. Welche Zukunftspläne haben Sie um diese wichtige Einrichtung auch in den nächsten Jahren oder den nächsten Jahrzehnten so attraktiv zu halten? Wohin soll sich die Garten Tulln weiterentwickeln?

Grundsätzlich wird die Garten Tulln eine ökologische Gartenschau bleiben. Wir werden zukünftigen mehr Geschichten erzählen über die Gärten und über die GärtnerInnen. Weiterhin werden wir alle Themen, von der Lebensqualität bis zur Artenerhaltung und zur Ökobilanz versuchen breit abzudecken. Derzeit überlegen wir Maßnahmen bzw. werden gerade konkrete Projekte ausgearbeitet um die Besucherattraktivität zu stärken. Einige Gärten werden natürlich neu gebaut, umgebaut – ich kann hier aber noch nicht mehr verraten. Im Sinne der Nachhaltigkeit versuchen wir langfristig zu planen um eine permanente Weiterentwicklung zu haben.

Sie wollen mit den verschiedenen Schaugärten den Besucherinnen und Besuchern verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zeigen und ihnen Ideen für die eigene Umsetzung zuhause mitgeben. Welche Elemente muss ein Garten für Sie persönlich unbedingt haben um sich darin wohlfühlen zu können?

Ein Garten muss gemütlich und nicht zu perfekt gepflegt sein. Ich mag einen versteckten Platz, einen Baum, eine Hecke, eine Wiese. Ich freue mich auch über Tiere im Garten – es müssen zwar nicht unbedingt Blattäuse sein, aber über Nützlinge freue ich mich.

Wenn sich jetzt jemand einen Garten neu anlegen möchte, was meinen Sie sollte diese Person unbedingt beachten, damit der Garten zukunftstauglich ist? Worauf sollte man aufpassen oder welche Faktoren sollte man berücksichtigen?

Das ist für mich ganz einfach – man muss in sich hineinhören und sich fragen was man wirklich im Garten will und welche Bedürfnisse man hat. Zweites sollte man natürlich auch die Gartenökologie (bis zur Pflanzenauswahl) beachten, damit der Garten auch langfristig pflegbar ist und ökologisch einen Sinn macht. Es gibt keine Faustregel außer jene, dass man selber wissen muss, was einem gut tut und was man will.

Die Garten Tulln wird ökologisch und somit auch nachhaltig bewirtschaftet. Wo bemühen Sie sich persönlich Ihr Leben nachhaltig zu gestalten?

Ich persönlich versuche das mit der Mobilität – wo möglich nütze ich die öffentlichen Verkehrsmittel. Auf der Garten Tulln haben wir jetzt auch einige Diensträder angeschafft. Außerdem schaue ich beim Einkauf auf die Regionalität und wähle biologische Produkte. Themen wie Recycling und Mülltrennung sehe ich als selbstverständlich in der heutigen Zeit.

Was möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern vielleicht noch mitgeben oder empfehlen auf ihren Weg zu einem nachhaltigeren Lebensstil?

Es ist immer gut in sich hineinzuhören, um zu wissen was einem selber gut tut und was man selber will und daran sollte man den Maßstab der Ökologie und der Nachhaltigkeit anlegen. Wenn man andersrum ökologische Dinge sucht, die man dann halbherzig macht, ist es für mich nicht nachhaltig und meistens auch nicht langfristig.

Interview mit Franz Gruber, MSc

Interview mit Franz Gruber, MSc

Kurz nachgefragt

  • Welche Telefonnummer in Ihrem Verzeichnis ist die wichtigste?
    die Telefonnummern der Familie
  • Ist in einem Garten das schattige oder das sonnige Plätzchen von Ihnen besetzt?
    das schattige
  • Erdbeeren oder Kirschen?
    Kirschen
  • Was war Ihr bisher lustigster oder seltsamster Job?
    Küchengehilfe bei einem Partyservice in Mailand. Ich habe das nach meiner Ausbildung gemacht, um Italienisch zu lernen. Dabei lernte ich die italienische Mentalität kennen und musste erfahren, dass man mit den Worten „gehen wir einen Kaffee trinken“ leider keine halbe Stunde Pause in einem gemütlichen Kaffeehaus hat, sondern in das Kaffeehaus geht, einen Espresso in 2 Minuten trinkt und wieder zurück an den Arbeitsplatz kehrt.
  • Welcher ist Ihr persönlicher Lieblingsgarten auf der Garten Tulln?
    Das kann ich nicht beantworten  – es wechselt je nach Jahreszeiten und meinen persönlichen Interessen.
  • Was war die seltsamste Eis-Sorte, die Sie jemals gegessen haben?
    Irgendetwas mit Ingwer – ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber es war sehr gut.
  • Abgesehen von der Garten Tulln; welcher Garten hat Sie am meisten beeindruckt und warum?
    Der Glienicker-Schlosspark in Berlin, ich habe in Berlin gelebt und war zufällig bei der Öffnung der Mauer dort. Am 10. November 1989 bin ich über die Glienicker Brücke, die durch diesen Schlosspark führt zum ersten Mal ohne Passkontrolle nach Ostdeutschland hinüber gegangen.
    Außerdem faszinieren mich englische Landschaftsparks.
  • Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie sich gerne privat treffen?
    Eigentlich gar keine – es gibt so viele Menschen, die nicht berühmt sind, die ich aber schätze und mit denen mir ein Treffen wichtiger wäre, als mit einer berühmten Persönlichkeit.
  • Kaffee oder Tee?
    Tee
  • Die Urlaubszeit beginnt klassischerweise mit den bevorstehenden Ferien – wo werden Sie sich im Sommer erholen?
    In Kroatien auf einer Insel zusammen mit kroatischen Freunden.

Vielen Dank für das Interview!