Beitrag von unserer Bloggerin Petra Nemec
Interview mit Hanna und Florian Alber – Wollwerkstatt
Die Wollwerkstatt in Texing (Mostviertel) hat sich seit 40 Jahren ganz dem ökologisch wertvollen und nachwachsenden Rohstoff Schafwolle verschrieben.
Die Wollwerkstatt in Texing (Mostviertel) hat sich seit 40 Jahren ganz dem ökologisch wertvollen und nachwachsenden Rohstoff Schafwolle verschrieben. Begonnen hat alles im Jahr 1982 mit dem Ankauf einer Krempelmaschine zur Herstellung von Wollvlies. Der Gründer Bernhard Calice stellte einen wirtschaftlichen Betrieb auf ökologisch nachhaltige Beine. Mittlerweile beschäftigt die Wollwerkstatt 15 MitarbeiterInnen aus der näheren Umgebung, unterstützt zahlreiche Schafbäuerinnen und Schafbauern der Region, schafft so wertvolle regionale Arbeitsplätze und stärkt die regionale Wertschöpfung.
Das Angebot im Shop in Texing reicht von Bekleidung, Bettdecken, Polstern, Teppichen, Sofakissen, Wolldecken, Hausschuhen bis zu Holzbetten, Lattenrosten und Kosmetikprodukten. Ein großer Teil des Sortiments wird in traditioneller Handarbeit in Texing hergestellt. Ein Teil der Produkte, wie Bekleidung oder Kosmetik, runden das Wollwerkstattsortiment ab und werden von langjährigen Partnern bezogen, da ein Kleinbetrieb wie die Wollwerkstatt, nicht die Kapazitäten für die Produktion einer so breiten Produktpalette hätte.
Über all dem stehen die Werte Handarbeit, Naturmaterialien, Regionalität und Teamarbeit, was die Wollwerkstatt so besonders macht.
Wir haben nachgefragt bei den Eigentümern und Geschäftsführung Hanna und Florian Alber:
Sie verarbeiten Schafwolle und die Wolle von Alpakas. Was ist das Besondere am Rohstoff Wolle? Woher beziehen Sie Ihre Rohstoffe? Wie stellen Sie sicher immer ausreichende Mengen für die Produktion zu bekommen?
Die Schafwolle bekommen wir größtenteils von Schafbauern aus NÖ, OÖ, teilweise auch aus Salzburg und Tirol. Unsere Hauptwolllieferanten sind zwei Großbauern aus der Region, aber es kommen auch Kleinbauern mit einer kleinen Menge Schafwolle zu uns. Diese Kleinstmengen haben zwar kaum einen geschäftlichen Sinn, aber das ist die Besonderheit der Wollwerkstatt.
Wir arbeiten auch mit einer Firma aus Oberösterreich zusammen, die Nadelfilz herstellt. Jeder Teil ist für den anderen Teil der Firma überlebenswichtig. Man weiß sich zu schätzen und geht sehr höflich miteinander um. Es sind gemeinschaftliche Produkte. Es ist immer genug Wolle vorhanden. Wir machen das seit einem Jahr, in dieser Zeit haben wir sehr viel gelernt. Wir versuchen die Lieferungen der Bauern bestmöglich zu organisieren.
Bekommen wir die Schmutzwolle geliefert, so kümmern wir uns um die Sortierung (nach Sorte und Farbe) und Verteilung. Für die Reinigung schicken wir die gut zusammen gepresste Wolle in einem Sattelzug in eine Wäscherei nach Belgien und haben die Sicherheit, dass wir die Wolle, die wir geliefert haben, auch wieder bekommen. Leider gibt es derzeit keine nähre Schafwollwäscherei, die unseren Qualitätsansprüchen entspricht.
„Das Besondere an der Schafwolle ist, dass es ein natürlicher, nachwachsender Rohstoff ist. Die Wolle wirkt klimaausgleichend, d. h. sie kühlt im Sommer und wärmt im Winter. Im Schlafmaterial nimmt sie den Schweiß auf. Schafwolle reinigt sich selbst, damit haben die Produkte eine lange Lebensdauer.“Hanna Alber
In Ihrem Sortiment finden sich neben Bekleidung auch Bettdecken, Unterbetten, Polster, Teppiche, Sofakissen, Decken uvm.
Welche Fertigungsschritte braucht es, um beispielsweise aus einem Sack Schafwolle eine Bettdecke zu produzieren?
Wenn wir einen LKW voll mit Schafwolle haben, wird diese zuerst gewaschen, dann maschinell gezupft und kardiert. Beim Waschen der Schafwolle entsteht, je nach Verschmutzung, ein Schwund von 30% bis 40%.
Die Wolle wird durch die Kardiermaschine durchgelassen. Mit Millionen von Zähnen wird das Gewebe auseinandergezogen, damit ein schönes Vlies, bei dem der Strich in eine Richtung geht, entsteht. Daraus entstehen große Rollen mit feinem Vlies. Dieses wird in der Näherei weiterverarbeitet.
Grundsätzlich bieten wir Standardmaße an, da bei uns aber alles Handarbeit ist, können wir auch Sondermaße fertigen. Die Entstehung einer Decke dauert ca. 45 Minuten.
In unserer Produktion arbeiten wir mit alten Maschinen aus den 50er und 60er Jahren. Das heißt es braucht spezielles Fachwissen unserer MitarbeiterInnen in der Bedienung und Erfahrung im alltäglichen Umgang.
Was genau macht Ihr Unternehmen nachhaltig? Sie setzen in erster Linie auf ein „nachwachsendes Naturprodukt“, gibt es auch für die anderen verwendeten Rohstoffe Kriterien in Bezug auf Nachhaltigkeit? Setzen Sie noch andere Maßnahmen?
Die Benutzung der alten Maschinen, die Verwendung von Bio-Baumwolle und Bio-Latex. Wir achten auch bei den zugekauften Materialien auf die Zertifizierungen.
„Der größte Teil des CO2-Ausstoßes wird durch den Transport verursacht. Wenn man regional arbeitet, kann man das gut in Griff bekommen. Bei uns spielt sich alles im Umkreis von 300 km ab. Rohstoffe wie Naturlatex, Baumwolle oder latexierte Kokosplatten kommen natürlich von weiter her. “Florian Alber
Wir haben beispielsweise um 25.000 Euro eine modifizierte Kartonpresse aus dem Recyclingbereich gekauft, um einen LKW optimal zu beladen. Früher wurde die Wolle zu Rundballen gepresst. Wir haben somit den Kunststoffanteil auf ein Minimum reduzieren können.
Da auch dem Vorbesitzer der Wollwerkstatt das Thema Nachhaltigkeit ein Anliegen war, hat er eine PV-Anlage installieren lassen. Außerdem heizen wir seit sieben Jahren mit Pellets.
In Zukunft möchten wir einen ungedämmten Dachboden unserer Produktionshalle mit Abfallprodukten aus Schafwolle isolieren und da braucht es noch eine Lösung für die Umsetzung, denn die Wolle muss in Form gepresst werden und trotzdem viel Luft enthalten, damit sie dämmt. Schafwolle ist ein gutes Dämmmaterial und vielleicht entsteht daraus irgendwann ein serienreifes Produkt.
Sie legen großen Wert auf Qualität, Langlebigkeit, Handarbeit und Individualität. Wie setzen Sie diese Kriterien bei der Produktion um? Gibt es auch spezielle oder ausgefallene Anfragen/Kundenwünsche?
Unser Produkt hängt von der Qualität der Materialien ab, die menschliche Arbeit veredelt es. Unsere MitarbeiterInnen wissen, in welches Produkt welche Art von Wolle hineinkommt. In eine Zudecke kommt z.B. Merino-Wolle hinein, diese muss leicht, kuschelig und weich sein und in ein Unterbett kommt österreichische, weiße Wolle.
„Unsere MitarbeiterInnen arbeiten sehr gut und präzise. Sie erledigen diesen Job seit vielen Jahren und da sitzt jeder Handgriff. Wir sind ein kleiner Betrieb, da gibt es keine Qualitätskontrolle, aber wir haben auch keine Reklamationen oder Beschwerden.“Florian Alber
Immer wieder bekommen wir spezielle Kundenwünsche herein, die wir gerne annehmen und erfüllen können. So gab es z.B. einmal eine Anfrage über eine Sonderanfertigung einer riesengroßen und schweren Matratze, die nur von 6 Männern getragen werden konnte.
Neben dem Geschäft in Texing, wo KundInnen vor Ort aus dem Sortiment auswählen können, bieten Sie individuelle Fertigung nach Kundenwunsch. Dazu können KundInnen das komplette Sortiment auch bequem im Online-Shop bestellen und nach Haus liefern lassen. Welches Angebot wird besser angenommen und wie gewinnen Sie neue KundInnen?
Wir haben unterschiedliche KundInnen, viele davon sind StammkundInnen. Das Onlinegeschäft hat in den letzten Jahren natürlich an Stellenwert gewonnen. Es kommen aber vor Ort auch Bauern, die ihre Wolle liefern und dann den Gegenwert im Geschäft einlösen.
Wir haben regen Betrieb im Shop und profitieren auch von Ausflugsgästen, die sich die Region anschauen und uns besuchen und das trotz der abgelegenen Lage. Der dritte Bereich ist B2B – wir produzieren für Firmen.
Welche Vision haben Sie für die nächsten 5 Jahre? Gibt es schon konkrete Pläne?
Unsere Hauptvision ist der Standort und wir wollen diesen aufbereiten und verschönern für Führungen, Gäste und auch die für die MitarbeiterInnen. Wir möchten ein Schmuckkastl aus dem Standort machen. Was die Produkte betrifft, kann man sich noch anschauen, was man noch machen kann aus Schafwolle, aber eigentlich haben wir ein sehr gutes Grundsortiment. Vielleicht ergeben sich noch neue Möglichkeiten von VerkaufspartnerInnen.
Kurz nachgefragt:
Sind Ihnen Schafe oder Alpakas lieber?
Hanna: Schafe
Florian: Schafe
Was war Ihr bisher prägendster Job?
Hanna: Der, den ich jetzt mache
Florian: Meine Lehrzeit, gelernter Wirt
Was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Hanna: Meinen Mann, meine Kinder, was zum Lesen
Florian: Meine Frau, meine Kinder, Gitarre, Kontrabass, Tuba und eine Steirische
Auf welche 3 Dinge könnten Sie gut verzichten?
Hanna: Süßes, MitarbeiterInnensuche
Florian: unzufriedene, grantige Leute, schlechte Musik
Welches Talent würden man Ihnen nicht zutrauen?
Hanna: Halma spielen und stricken
Florian: Ich kann nicht viel, aber dass was ich kann, kann ich gut
Wobei können Sie am besten entspannen?
Hanna: schwimmen gehen, gutes Essen, stricken und Halma
Florian: Musizieren, Kochen und einfach einmal nichts tun