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Interview mit Mag. Matthias Pacher, GF Museum Niederösterreich

Beitrag von unserer Bloggerin Christa Ruspeckhofer

Das Haus für Natur als auch das Haus der Geschichte des Museums Niederösterreich begeistern seitdem mit einer Dauerpräsentation und jährlich wechselnden Sonderausstellungen.

Mag. Matthias Pacher, GF Museum Niederösterreich beim Interview
Interview mit Mag. Matthias Pacher, GF Museum Niederösterreich

Zwei Häuser unter einem Dach – so wurde vor nun fast drei Jahren das Museum Niederösterreich unter der Leitung von Mag. Matthias Pacher und Mag. (FH) Stefan Mitterer umgestaltet. Sowohl das Haus für Natur als auch das Haus der Geschichte des Museums Niederösterreich begeistern seitdem mit einer Dauerpräsentation und jährlich wechselnden Sonderausstellungen.

Mit 1.Juli startete, die für ursprünglich ab 22. März 2020 geplante, von der eNu und der Abteilung Umwelt- und Energiewirtschaft des Landes NÖ mitkuratierte, Sonderausstellung „Klima & Ich“ im Haus für Natur. Die Ausstellung informiert über den Klimawandel und gibt konkrete Handlungsanweisungen, im eigenen Wirkungsbereich zum Schutz des Klimas aktiv zu werden.

Herr Pacher, Sie sind seit November 2016 Geschäftsführer des Museums Niederösterreich. War die Leitung eines Museums ihr Berufswunsch als Kind? Oder etwas was sich im Laufe Ihres Berufslebens entwickelt hat? Wie wird man Geschäftsführer von einem Museum?

Mit viel Engagement, bereit, sehr viel Zeit zu investieren und für sich zu erkennen, wo man hinwill. Ich bin Archäologe und Historiker. Ab einem gewissen Punkt habe ich erkannt, dass ich als Geisteswissenschaftler immer einen begrenzten Wirkungsgrad habe, und sehr viel, was in der Geisteswissenschaft publiziert und vorgestellt wird, nur einem sehr beschränkten Kreis zur Verfügung steht.

Noch während dem Studium war ich auf einer Vorlesung, die „Archäologie und Öffentlichkeitsarbeit“ geheißen hat und wo mir der Knopf aufgegangen ist. Ich habe gemerkt, dass ich mich dafür einzusetzen möchte, die Themen ein bisschen pragmatischer und öffentlichkeitswirksamer an den Mann zu bringen und Interessenten dafür zu begeistern. Mein berufliches Umfeld hat mich dann von der Archäologie zur zeitgenössischen modernen Kunst geführt. Neben einem ur- und frühgeschichtlichen Museum auch ein nitsch museum zu führen ist eine Herausforderung besonderer Art. Und mit dieser Flexibilität habe ich gelernt umzugehen und daraus Stärken zu entwickeln. Diese Stärken setzte ich nun auch für das Museums Niederösterreich ein.

Das Museum Niederösterreich bereitet die Themenbereiche Geschichte und Natur auf stets neue Weise auf. Klingt auf den ersten Blick sehr spannend – Wo sind die Schnittstellen zwischen den Themen? Wo liegen die Unterschiede? Und wie bringt man das Ganze in ein stimmiges Konzept?

Uns ist im März 2016 eine große Chance zuteil geworden, wo die Entscheidung getroffen wurde, das ehemalige Landesmuseum in das Museum Niederösterreich mit nunmehr zwei Themenbereichen zu positionieren, nämlich Geschichte und Natur. In unserem Konzept steht der Mensch im Mittelpunkt: Geschichte ist Mensch – Natur ist Umwelt. Der Mensch steht immer in einer Beziehung zur Umwelt. Wir haben einen Bereich in der Ausstellung, die Breite Föhre – ein jahrhundertealter Baum, der abgetragen worden ist und als Totholz, aber als Erinnerung an das Lebendige wieder aufgestellt wurde. Es ist ein Naturdenkmal mit einer sehr interessanten Geschichte – sozusagen eine „visuelle“ Schnittstelle.

Darüber hinaus müssen die zwei Themenbereiche ja nicht zwingend miteinander zu tun haben. Weil wir beobachtet haben, dass die Besucherinnen und Besucher ganz unterschiedlich ticken. Manche kommen nur wegen der Naturkunde. Gerade Familien besuchen gerne unsere großen Terrarien und Aquarien. Ein anderes oftmals erwachseneres Publikum kommt wegen den Geschichtsausstellungen. Unser Ziel ist es, dass so nach und nach die Besucherinnen und Besucher z.B. wegen der Natur kommen und dann rausgehen und sich sagen, nächstes Mal komme ich wegen der Geschichte. Und vice versa. Unser Haus hat 5000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Das Schaffen Sie sowieso nicht auf einmal, ohne furchtbar müde zu werden. Dann kommt man einfach wieder.

Mag. Matthias Pacher, GF Museum Niederösterreich beim Interview
Interview mit Mag. Matthias Pacher, GF Museum Niederösterreich

Museen sollen nicht nur sammeln, konservieren und forschen, sondern sind auch für die individuelle und gesellschaftliche Bewusstseinsbildung unentbehrlich. Mit der neuen Sonderausstellung „Klima & Ich“ liegen Sie damit ganz im Trend. Was erwartet die BesucherInnen in der Ausstellung?

Für dieses Thema bin ich sehr dankbar, weil zu der Zeit, wo wir gemeinsam mit der eNu die Entscheidung getroffen haben, dass wir Klimaschutz im Museum Niederösterreich zum Thema machen, war bei weitem nicht abschätzbar, wo die aktuelle Diskussion zu der Zeit steht, wenn wir eröffnen. Das war ein Risikospiel. Jetzt, genau zur richtigen Zeit, bringen wir eine fertige Ausstellung auf den Tisch und sind österreichweit die Einzigen, die das jetzt tun.

Wir sind in den Ausstellungsprozess gegangen und haben uns überlegt, wie wir die Themen Klimawandel, CO2, Energieeffizienz, etc. attraktiv aufbereiten können. Die Rede ist von Menschen, die nicht zwangsweise am Thema interessiert sind, aber dann die Ausstellung gut finden. Wir haben uns Gedanken auch gemacht, wie wir die Besucherinnen und Besucher ganz elegant in die Ausstellung rein und vielleicht doch mit einem nachhaltigen Bewusstsein rausbringen, ohne dass sie es merken. Deswegen haben wir auf einen Bühnenbildner als Architekt der Ausstellung zurückgegriffen, der bewusst einen anderen Zugang zum Thema hat.


Die Ausstellung ist vorzugsweise für Jugendliche, für Schulen konzipiert worden. Wir treten an Lehrerinnen und Lehrer heran, deswegen haben wir auch sehr viel am begleitenden Bildungsprogramm gearbeitet. Wir gehen sehr farbenfroh in die Ausstellung und wollen bei dem ansetzen, was wir für den Klimaschutz tun können. Der Hauptpart in der Ausstellung ist das CO2-Labor. Da behandeln wir die Themen „Reisen und Mobilität“, „Bauen und Wohnen“, „Strom und Energie“, „Essen und Trinken“, „Abfall und Wertstoff“, „Kunst und Lifestyle“. Dieser Raum ist interaktiv gestaltet. In sechs Paketen zeigen wir anschaulich, was klimaschonendes Leben direkt mit mir zu tun hat, wie ich was machen kann und wie es ausschauen kann, wenn ich was tue bzw. wie es ausschaut, wenn ich nichts tue.

Welche Inhalte der Ausstellung haben Sie persönlich überrascht bzw. einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen?

Für mich war es der Prozess, zu erkennen, dass es Unterschiede gibt zwischen Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Klimaeffizienz. Vorher war das für mich ein Topf. Dass man da so differenziert damit arbeiten kann und dann ganz unterschiedlich ansetzen muss in dem was man tut, ist für mich eine wichtige Erkenntnis gewesen. Und natürlich beim Thema Essen und Ernährung: Dass sich unterschiedliche Lebensmittel in den Größendimensionen von CO2 fassen lassen und dass sich die Unterschiede einer klimaneutraleren Ernährung sehr gut erklären und aufzeigen lassen.

Was sind die nächsten Themen, die Sie unbedingt in Ihrer Arbeit als Kulturvermittler aufgreifen möchten?

Für das Haus ist es mir sehr wichtig, weiterhin die Bezogenheit der Natur und Umwelt auf die Fauna und Flora hervor zu streichen. Weil das ist das, was die Besucherinnen und Besucher wirklich wissen wollen.

Letzten Sommer haben wir auch intern einen Prozess eingeleitet, wo wir alle Abteilungen durchleuchtet haben und gemeinsam ein Mission Statement erarbeitet haben, wo die Themen Energie- und Klimaeffizienz sowie Nachhaltigkeit in unseren Leitsätzen Einzug fanden. Wir arbeiten gerade an mittel- und langfristigen Maßnahmen und haben auch beschlossen uns als zweites Museum in Österreich mit dem Österreichischen Umweltzeichen zu zertifizieren.

Kurz nachgefragt:

  • Was machen Sie als erstes, wenn Sie in Ihr Museum kommen? Was, wenn Sie in ein anderes Museum besuchen?
    Ich schau ins Gästebuch. Spannend dabei ist auch, was Negatives drinnen steht. Darin finde ich oft Verbesserungspotential.
  • Tee oder Kaffee?
    Meistens bekommt man Kaffee angeboten, und wenn ich ihn trinke, denke ich mir, eigentlich hätte ich lieber Tee.
  • Auf welche 3 Dinge könnten Sie nicht verzichten?
    Meine Familie, mein Hund, meine Schallplatten.
  • Was war die härteste Arbeit, die Sie je gemacht haben?
    Da gibt es viel. Allerdings hat irgendwer einmal zu mir gesagt: „Du bist wie ein Goldfisch im Glas. Du merkst dir gar nicht, was wirklich anstrengend war und wie viele Baustellen waren.“ Nach einer gewissen Zeit erinnere ich mich nur an das, was alles gut gegangen, alles passt. Alle haben überlebt.
  • Welche Sprache würden Sie gerne fließend sprechen können?
    Ich bin nach wie vor als Archäologe tätig, nehme mir dafür immer wieder eine Auszeit. Ich komme gerade aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo ich vier Wochen als Gastforscher bei einer Ausgrabung tätig war. Dort habe ich mit vielen Leuten aus Tansania und Sansibar zu tun gehabt. Die Sprache, die dort gesprochen wird, hat einen wunderschönen Klang, die möchte ich sprechen können.
  • Lieblingsessen?
    Forelle nach Müllerin-Art
  • Was ist das Beste an Ihrem Beruf?
    Der Umgang mit Menschen, die Vielfältigkeit in der Arbeit und der Bezug zu Bildungsthemen. Also das Gefühl, Leuten Freude zu bereiten, etwas Sinnvolles zu tun und nicht nur der Wirtschaft zuträglich zu sein.
  • Laufen oder Radfahren?
    Radfahren
  • Klimaschutz bedeutet für mich …
    In kleinen Bereichen anzufangen und die ersten Schritte dort zu setzten, wo es wenig weh tut und dann, wenn das funktioniert, zu versuchen, größer zu denken. Für mich heißt das: beim Einkauf anzufangen und dann versuchen, etwas mehr aufs Auto zu verzichten.
  • Wir suchen gemeinsam mit Ihnen (dem Museum Niederösterreich) seit Jänner die besten Upcycling-Ideen, um Ressourcen zu schonen. Gibt es Ideen bzw. Anregungen, die Sie sofort übernehmen würden?
    Als Archäologe beschäftige ich mich liebend gern mit alten Dingen und da wieder altes Wissen/Handwerkstechniken zu generieren. Aus Altem wieder Neues herstellen, finde ich sehr wertvoll. Ich würde die Menschen sehr gerne noch mehr dazu bringen, Gebrauchsgegenstände, Handwerkszeug, Möbel, weiterzuverwenden und nicht ständig etwas zu kaufen.