Beitrag von unserer Bloggerin Daniela Capano
Nachbarschaftshilfe – Meine Nachbarn und ich
Ich möchte, wie viele andere Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner meine Nachbarn kennenlernen. Nachbarschaftsnetzwerke boomen!
Zugegeben, die Nachbarschaft kann Vor- und Nachteile haben. Aber irgendwie ist es so wie mit allem im Leben. Hat man sie nicht mehr um sich, fehlt sie einem. Nur so lässt es sich erklären warum sich Leute in Städten so sehr die gute alte Nachbarschaft zurückwünschen.
Ich persönlich komme aus einem Kleinst-Dorf mit lebendiger und manchmal etwas zu „lebhafter“ Nachbarschaft wo kein Geheimnis unentdeckt bleibt. Als ich in die Großstadt zog fand ich gerade das Gefühl der Anonymität, der unendlichen Freiheit und Unabhängigkeit am interessantesten. Ich kannte meine Nachbarn nur flüchtig. Gerade mal gut genug um sich ohne schlechtes Gewissen am Wochenende das ganz dringend Benötigte auszuleihen.
Als ich vor zwei Jahren umgezogen bin hat sich dieser Freiheitsdrang relativiert. Ich möchte, wie viele andere Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner meine Nachbarn kennenlernen. Und ich bin nicht alleine: Nachbarschaftsnetzwerke boomen! Es werden Nachbarschaftstreffen organisiert, die Nachbarschaftszentren erleben einen Hype und das alles nur um der Anonymität zu entfliehen? Was steckt hinter dieser Nachbarschafts-Sehnsucht?
Nachbarschaftsnetzwerke
Um mir diese Frage zu beantworten habe ich mich im Sommer im Onlinenetzwerk „Frag nebenan“, dem Nachbarschaftsnetzwerk, registriert.
Da sind schon über 23.000 Menschen die sich in dieser Online Plattform austauschen, und sich auch real treffen. Geboten werden typische Nachbarschaftshilfen wie „wer kann meine Katze füttern“ und „wer empfiehlt mir eine/n guten Hausarzt/Hausärztin“.
Überrascht haben mich aber vor allem die vielen Posts meiner Nachbarn mit „wer kann mir helfen, mein Bild aufzuhängen, habe keine Bohrmaschine“, „wer kann mir sein Werkzeug für einen Tag ausleihen“, „wer hilft mir was mit seinem Auto zu transportieren?“ oder auch „habe zu viel eingekocht, mag wer Marmelade haben?“.
Also geht es nicht um einen nostalgischen Blick zurück, sondern auch um ein anderes Kauf- und Konsumverhalten. Es geht auch ums „nicht immer alles sofort besitzen“ müssen. Sich nicht eine Bohrmaschine anzuschaffen, damit sie (höchstens) einmal im Jahr im Einsatz ist und den Rest des Jahres unbenützt im Keller verstaubt.
Tauschen und Teilen
Dabei steht für die einen beim Tauschen und Teilen das eingesparte Geld im Vordergrund. Für die anderen ist es einfach praktisch, nicht immer alles selber anschaffen zu müssen. Manche möchten damit Platz sparen und ihre Wohnungen vor Ansammlungen von „Zeug“ schützen, wieder andere nützen die Vorgänge des Teilens und sich Ausborgens als soziale Ereignisse, um mit Menschen in Kontakt zu kommen.
Egal welche Gründe es sind. Für alle gilt: Das Ausleihen von Dingen, die nicht täglich gebraucht werden spart kostbare Ressourcen ein, denn Wiederverwendung von Konsumgütern leistet einen wichtigen Beitrag, um den Ressourcenverbrauch zu senken. Ressourcen mit denen wir achtsam umgehen müssen. Der Verbrauch an Ressourcen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark erhöht. Im Jahr 1980 wurden den globalen Ökosystemen knapp 40 Milliarden Tonnen an Ressourcen entnommen, heute beträgt der weltweite Verbrauch bereits 60 Milliarden Tonnen pro Jahr. Wenn sich gegenwärtige Trends fortsetzen, wird dieser Ressourcenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 100 Milliarden Tonnen anwachsen (Quelle: Öko Soziales Forum).
Laut dem österreichischen Fußabdruck-Rechner liegt der Anteil der Konsumgüter am ökologischen Fußabdruck von Österreich bei 19%.
Diesen Anteil gilt es zu reduzieren. Meine Ära der sorglosen Spontankäufe und des unbedingt alles besitzen Wollens ist zu Ende. Es lebe das Tauschen! Und ich bin nicht alleine