Beitrag von unserem Blogger Gerald Franz
Radfahren als Lebensphilosophie!
Es hat schon so manche Radlerin und Radler in den Bann gezogen. Aus einer Radreise ist ein Leben am Fahrrad geworden.
Einige Weltenbummler sind seit Jahren mit dem Rad unterwegs, immer auf der Suche nach dem großen Abenteuer. Ich habe einmal eine Gruppe von Franzosen getroffen, die seit 4 Jahren am Fahrrad durch die Welt bummeln. Gewiss, das sind Ausnahmen. Aber was auf jeden Fall festgehalten werden kann: Radeln schafft ein riesiges Freiheitsgefühl in einer Welt, die immer enger, digitaler und abgekapselter wird.
Wenn die erste Furcht vorm Radfahren im Alltag überwunden ist, ist fast jede und jeder begeistert. Wer täglich am Rad sitzt und sei es nur für eine kurze Strecke, weiß: am Rad fühlt man sich freier, luftiger, zufriedener. Mit eigener Muskelkraft zügig voranzukommen und dabei den Wind in den Ohren zu spüren, ist ein einmaliges Erlebnis, vor allem weil es so einfach ist. „Die Stadt gehört dir“, dieser Slogan ist am Rad extrem erlebbar und wer lange Strecken zurücklegt, dabei jeder Witterung trotzt, dem liegt die Welt zu Füßen. Alle Sinne werden in Bewegung gebracht, der Körper ist aktiv ohne sich überanstrengen zu müssen. Man fühlt sich lebendig und ganz und gar im Moment! Ich erinnere mich an viele solcher Situationen, sei es der Heimweg von einer Grillfeier entlang der Donau, bei Nacht und klarem Sternenhimmel oder durch die weite Hügellandschaft der Toskana, im Blick die alten Kirchtürme und Weinberge. Nach solchen Momenten kann man durchaus süchtig werden. Dazu braucht es auch nicht viel Zeit und ferne Reisen – auch in der eigenen Stadt am Rad, entdeckt man immer Neues, Kleinigkeiten, die einem in U-Bahn oder im Auto sicherlich verborgen bleiben: alte Häuserfassaden, interessante Menschen oder einfach die Schönheit alter Bauwerke, Parks, Wälder, Wiesen, …
Das Schöne am Rad ist auch, dass soziale Begegnungen möglich werden. Unter Radfahrenden kommt man schnell ins Gespräch, aufgrund der Unmittelbarkeit und dem Fakt, dass Radeln irgendwie ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Man ist gemeinsam angewiesen auf eine meist weniger gute Infrastruktur, es gehört eine gewisse Kühnheit dazu, manchmal sogar Coolness am Fahrrad die Stadt zu durchqueren. Das schweißt zusammen. Wer würde denn im öffentlichen Verkehrsmittel mit anderen das Gespräch suchen, oder sich von Auto zu Auto Dinge zurufen. Radfahren verbindet. Auch auf Radreisen hilft man sich, wenn Pannen etc. auftauchen. Nachdem die Reisegeschwindigkeit meist keine allzu schnelle ist, sind auch Unterhaltungen möglich und neue Freundschaften entstehen.
Eine aktive RadlerInnenszene in unterschiedlichen Ländern und Städten bringt Menschen zusammen. Man denke nur an die „critical mass rides“ vielerorts. Radlerinnen und Radler treffen sich und versuchen radelnd den öffentlichen Straßenraum für sich zurückzuerobern. Eine friedliche Versammlung um für die Rechte der Radelnden einzugestehen, meist mit lustigen Bekleidungsmottos und viel Musik und Spaß. Ich bin mir sicher, viele derer die die „critical mass“ als Außenstehende betrachten, bekommen Lust dazuzugehören und mitradeln zu dürfen.
Ganz gewiss ist, dass Radfahren Stress abbaut, den Kopf klarer macht und immer wieder Glücksgefühle erzeugt. Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass es das Selbstwertgefühl stärkt – wer radelt ist klimafreundlich unterwegs, auf der „guten Seite der Macht“ sozusagen.
Auch wer sonst körperlich nicht so fit ist, kann relativ leicht aufs Rad oder e-Bike steigen und losradeln. Bewegung ist der Motor zur Zufriedenheit. Fahrradfahren kann zum integralen Bestandteil der persönlichen nachhaltigen Lebensphilosophie werden.