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Kreislaufwirtschaft

R wie Refuse

Die 10 Grundsätze der Kreislaufwirtschaft starten mit Refuse – also Ablehnen.  Das heißt: am nachhaltigsten ist es, etwas gar nicht erst zu kaufen. Denn was nicht produziert wird, verbraucht keine Ressourcen und erzeugt keinen Abfall. Kann Konsum überhaupt nachhaltig sein?

Grafik Kreislaufwirtschaft mit Refuse

Den Beginn der Grundsätze der Kreislaufwirtschaft macht Refuse. Es steht an erster Stelle. Denn wenn ein Gegenstand nicht hergestellt werden muss, braucht man keinerlei Ressourcen – keine Energie und er muss auch nicht verpackt und transportiert werden. Das alles spart zusätzlich klimaschädliche Treibhausgase ein.

REFUSE – Ablehnen

Etwas ablehnen, verweigern, verwerfen oder abweisen lautet die wörtliche Übersetzung des Begriffs refuse. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft betrachtet, kann es auch bedeuten, dass etwas überflüssig gemacht oder der Nutzen anders erbracht wird.

Verwenden, was da ist

Eigentlich steckt das Überflüssigmachen von neuen Produkten hier im Vordergrund. Beispiele dafür wären: Gleich auf Second-Hand-Mode zu setzen, anstatt billige (Fast-Fashion) Kleidung zu kaufen, oder auch das Kochrezept nicht auszudrucken, sondern einfach online zu lesen.
Das richtige Maß dabei zu finden ist gar nicht so leicht. Das beschreibt der Begriff Suffizienz.  Es kann auch bedeuten, dass wir mit dem auskommen, das wir schon haben, obwohl wir täglich mit Konsumversuchungen und Werbung konfrontiert sind. Suffizienz bedeutet auch glücklich zu sein, obwohl wir weniger einkaufen. Unser Lebensglück hängt nicht von unserem Konsum ab. Zufriedenheit können wir auch daraus schöpfen, dass wir Dinge wiederverwenden, leihen oder teilen.

Kann Konsum nachhaltig sein?

Vielleicht kennen auch Sie dieses schöne Gefühl, wenn Sie gerade ein besonderes Stück gekauft haben. Die Freude und danach, manchmal nur einen Augenblick später, ein aufblitzendes schlechtes Gewissen.  Wir wissen, dass wir mehr als genug haben, schaffen es aber dennoch nicht weniger zu konsumieren.
Besonders leicht wird uns der Konsum durch Online-Shopping gemacht. Mit wenigen Klicks genau die Dinge erwerben, die von der Internet-Plattform vorgeschlagen wird. Je mehr und je öfter wir im Netz einkaufen, desto besser sind die vorgeschlagenen Angebote auf unseren persönlichen Geschmack abgestimmt. Die Zahlung mit Kreditkarte unterstützt zusätzlich die  Impulskäufe.

Konsum neu denken

Die Kreislaufwirtschaft bietet einen vielversprechenden Ansatz, um Konsum neu zu denken. Durch Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung können wir lernen, nachhaltige Entscheidungen zu treffen und den Wert von Dingen neu zu schätzen. Das Konsumverhalten des Menschen beginnt bei den eigenen Bedürfnissen. Zu den vier wichtigsten Grundbedürfnissen zählen Orientierung und Kontrolle, Selbstwert, soziale Beziehungen und positive Erlebnisse.

Oft werden Konsumgüter als Mittel zur Belohnung (wenn jemand viel gearbeitet hat) oder zur Steigerung des sozialen Ansehens eingesetzt. Die Psychologie zeigt jedoch, dass wahres Wohlbefinden nicht durch materielle Besitztümer erreicht wird, sondern durch soziale Beziehungen und persönliche Erfüllung im Privat- und Berufsleben.

Die verschiedenen Bedürfnisse werden im Allgemeinen durch unterschiedliche Aktivitäten genährt, aber es gibt auch Super-Aktivitäten, die alle vier Grundbedürfnisse in sich vereinen. Dazu zählen zum Beispiel Outdoor-Erlebnisse beim Wandern oder Mountainbiken: Intensives Naturerlebnis (positive Gefühle), Herausforderungen meistern (Selbstwert), neue Wege entdecken (Orientierung und Kontrolle) und ein starkes Gruppengefühl (soziale Beziehungen). Und all das ist mit wenig materiellem Aufwand möglich und noch besser, wenn man entschleunigt mit der Bahn oder Mountainbike zum Berg anreist.

Indem wir uns bewusst machen, welche Bedürfnisse hinter unserem Konsum stehen, können wir beginnen, alternative Wege zu finden, um sie zu befriedigen. Durch einen nachhaltigen Lebensstil und ressourcenschonenden Konsum leben wir sowohl in einem ökologischen Gleichgewicht als auch in einer Balance mit unseren wahren inneren Bedürfnissen.

Dr. Norman Schmid, Leiter der Fachsektion Umweltpsychologie

Dr. Norman Schmid, Umweltpsychologe, Leiter der Fachsektion Umweltpsychologie des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen, BÖP

Das eigene Kaufverhalten hinterfragen

Brauche ich das Produkt wirklich oder möchte ich mir nur etwas Gutes tun? Bewusster Konsum kommt um diese Selbstreflexion nicht herum. Oft reicht ein bisschen Geduld, ein kleiner Aufschub, um Impulskäufe zu verhindern und den ersten Drang hinter sich zu lassen. Dann sind wir wieder rational in der Lage unseren Bedarf realistisch einzuschätzen.
Bei REFUSE geht es also nicht um den reinen Verzicht, sondern um das Hinterfragen eingespielter Muster.

Die wichtigsten Fragen in Bezug auf unseren Konsum, sind:

  • Kann ich es mit meinem Gewissen/Wissen vereinbaren?
  • Brauche ich das wirklich?
  • Und wenn es sich um „Unnötiges“ handelt – hat es Potenzial zum „Lieblingsstück“?

Kreislaufwirtschaft in Österreich

Die strategischen Ziele der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie lauten:

  • die umfassende Verminderung des Ressourcenverbrauchs und der Ressourcennutzung (Ressourcenschonung)
  • die Vermeidung von Abfällen (Zero Waste)
  • die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schadstoffe (Zero Pollution)
  • die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen (Klimaschutz)

Das erste dieser Ziele hat viel mit REFUSE, also Ablehnen zu tun. Denn jeglicher Konsum bedeutet Verbrauch von Ressourcen.
Hier gibt es zwei Werte, die hier von Bedeutung sind: den Material-Fußabdruck und den Materialverbrauch.
Der berechnete Basiswert für den Material-Fußabdruck in Österreich wurde 2017 mit 23,6 Tonnen pro Kopf berechnet*. Als Ziel gilt es diesen bis 2050 auf 7 Tonnen pro Kopf und Jahr zu senken. Material-Fußabdruck bedeutet den Verbrauch von inländischen und importierten Primärrohstoffen und den Rohstoffbedarf für importierte Halb- und Fertigwaren (alles abzüglich der entsprechenden Exporte).

Der Materialverbrauch lag in Österreich 2022 bei knapp 17 Tonnen pro Jahr oder 47 Kilogramm pro Tag. Er soll bis 2030 auf 14 Tonnen pro Kopf und Jahr sinken.
Materialverbrauch bedeutet Verbrauch inländischer und importierter Primärrohstoffe abzüglich Exporte (DMC – = Domestic Material Consumption).

* Der Material-Fußabdruck wird für Österreich mit einem nationalen Tool berechnet, welches von der BOKU/SEC entwickelt wurde.

Aktualisiert am 09.10.2024